Langenholzhausen
von Wilhelm Süvern
1. IM MITTELALTER
(1244 - 1450)
Schon seit etwa fünftausend Jahren haben in unserm schönen Osterkalletale Menschen gelebt. Die Hügelgräber in unseren Wäldern, die im Haiberge und im Pferdebruche aus ihnen gehobene Urnen, der in einem Steinhügelgrab oberhalb der Luhquelle gefundene schöne Bronzedolch sowie die auf unseren Äckern aufgelesenen Steinbeile: das alles sind Zeugnisse von den Menschen jener grauen Vorzeit. Wie lange unser Heimatdorf selbst schon besteht, das wissen wir nicht, aber es ist vermutlich auch schon weit über tausend Jahre alt. Doch erst aus dem Mittelalter, aus den Jahren 1244 und 1245, sind uns die ersten schriftlichen Nachrichten überliefert.
Damals gab es, wie esin einem alten, von Möllenbecker Mönchen geschriebenen Buche heißt, der Holzhausen dreie, nämlich, Langenholzhausen, Obernholzhausen und Niedernholzhausen.
Obernholzhausen lag unterm Habichtsberge in der Nähe der Kallequellen, Niedernholzhausen lag im Pferdebruche. Beide Orte sind wahrscheinlich in den Jahren zwischen 1406 und 1424 verlassen worden. In jener Zeit sind hier im Osterkalletale schwere Kriegszüge gewesen und alle haben damals arg gelitten. Auch in Langenholzhausen hat die Kriegsfurie gewütet. Wir werden noch davon hören. Obern- und Niedernholzhausen aber sind ganz wüste geworden. Die Menschen, soweit sie überlebten, sind zumeist nach Langenholzhausen gezogen und haben von hier aus ihre alten Äcker bestellt.
Das Niedernholzhauser Feld ist aber von etwa 1500 an Wald geworden, und erst in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, nach der großen Langenholzhauser Holzablösung, sind hier wieder Acker und später auch wieder Hofstellen entstanden. Vor der Neurodung des Pferdebruches konnte man an verschiedenen Stellen noch die mittelalterlichen Feldstücke erkennen. Beim Roden seines neuen
Landes fand damals der Bauer Friedrich Kreimeier auch die Grundmauern eines mittelalterlichen Hauses. Ich habe sie selbst gesehen.
In Obernholzhausen hat im Mittelalter der Hof Held Nr. 8, jetzt Fritz Kreinjobst, ‚gelegen und wahrscheinlich auch der Hof Nr. 6, ehemals Kleinschmidt, jetzt auch Kreinjobst. Das Land, wo früher die Hofstätten von Obernholzhausen gelegen hatten, wird in alten Registern und Flurkarten "aufm Obernholzhausen" genannt. Fritz Kreinjobst erzählte mir mal, daß sich auf diesem Lande wiederholt alte Topfscherben gefunden hätten. Dort, wo jetzt die beiden
Kreinjobsthöfe Nr. 6 und Nr. 8 liegen, war im Mittelalter der große Mühlenteich für die alte Bültemühle an der Krämerstraße. Nach der Zerstörung von Obernholzhausen werden die beiden Höfe, die noch im vorigen Jahrhundert als "die Teichhöfe" bekannt waren, an den Rand des Teiches verlegt worden sein. Nach dem Bau der
gräflichen Mühle im Jahre 1568 werden die beiden Bauern den Teich trockengelegt und ihren Hofraum vergrößert haben.
Von Obernholzhausen haben wir aus dem Mittelalter verschiedene Nachrichten. Der Zehnt von den Höfen und Äckern dort gehörte dem Kloster Möllenbeck. Mit einem Hofe waren die Ritter von Vornholte von dem Bischof von Minden belehnt. Im Jahre 1354 lebten als Hörige des Ritters Friedrich von Callendorp in Obernholzhausen die Bauern Albert und Corves. In einem Verzeichnis der dem Edelherren Simon III. zur Lippe gehörenden Leute aus dem Jahre 1381 werden zu Obernholzhausen genannt: "De Bockesche" und "de Hachmester". Im Jahre 1402 verkaufte die Witwe Rixe von Dalwig dem Edelherren Simon III. und Berndt VI. zur Lippe 55 namentlich genannte Bauernfamilien in vielen lippischen, vor allem auch nordlippischen Dörfern, darunter auch "den Steinen to Averenholthusen".
Wenn man alle diese verschiedenen Besitzer und die ihnen hörigen Bauern vernimmt, so könnte man meinen, Obernholzhausen habe etwa 6 Bauernhöfe gehabt. Doch die Besitzer und auch die Bewohner der Höfe haben in jener Zeit mehr gewechselt als heute, wo der Bauer selber Herr auf seinem Hofe ist und nicht wie damals von einem Herrn an den anderen versetzt oder verkauft werden konnte.
Über Niedernholzhausen besitzen wir weniger Nachrichten. Die eine Hälfte des Zehnten dort erhob auch das Kloster Möllenbeck. Die andere Hälfte gehörte den Herren zu Heidelbeck als Inhaber des Heidelbecker Klosteramtes. Auch der Obernholzhauser Zehnt gehörte in dies Amt. Im Jahre 1367 gehörte ein Niederholzhauser Hof dem Ritter Friedrich Düvel. Den Hof bewirtschaftete ein Bauer Dusthorn. Südlich der heutigen Straße Langenholzhausen -Möllenbeck
lag schon damals fruchtbares Ackerland, welches heute "die 9.
Stücke" genannt wird, im Mittelalter aber "Die Speckbreite" hieß. Auch dieses Land gehörte, dem Kloster Möllenbeck, der zehnt wurde mit dem Stemmer zehnten zusammen erhoben.
Zwischen Niedernholzhausen und Möllenbeck, etwa da, wo heute die Waldwirtschaft "Elfenborn" liegt, wurde um 1230 von der Herrschaft Vlotho aus der kleine Weiler Stocke oder Stockem gegründet. Besitzer der Herrschaft Vlotho waren die Grafen von Ravensberg. Sie waren die Grundherren in Stocke und erhoben von den Siedlern dort die Abgaben. Der Zehnt dieses neu gerodeten Gebiets aber gebührte dem Langenholzhauser Pfarrherrn. Als nun die Herrschaft Vlotho durch die Heirat der Ravensburger Erbtochter Jutta an die Grafen von Tecklenburg kam, wollten diese auch gern das Zehntrecht in Sticke haben. So schlossen sie denn im Jahre 1245 mit den Rittern von Callendorp als den Langenholzhauser Kirchenpatronen einen
Vertrag, in welchem sie der Kirche das Zehntrecht zweier Höfe in Langenholzhausen und Tevenhausen abtraten und das Zehntrecht in das ihnen sehr abgelegene Stocke an das Kloster Möllenbeck abgetreten, beanspruchte Möllenbeck dort doch alle Grundherrenrechte sowie den Bramberg und die Stöcker Mark. Aber im Jahre 1381 waren 10 Leute, wohl zum größten Teile Stättebesitzer, Eigenbehörige des Edelherrn zur Lippe. Und dann, etwa 30 - 40 Jahre später, ist die ganze Siedlung Stocke zugrundegegangen wie Obern- und Niedernholzhausen und andere Orte. Nur der Name Stöckerberg erinnert noch an den ehemaligen Ort. Aber noch über hundert Jahre hat zwischen dem Kloster Möllenbeck und der Familie de Wend in
Varenholz der Streit um die Feldmark und das Waldgebiet um Stocke angehalten, hatte doch Friedrich de Wend durch falsche Belehnung beim Mindener Bischof das ganze Gebiet an sich gebracht und trotz Widerrufs des Bischofs behalten. Mit der großen Wendschen Erbschaft im Jahre 1563 ist dieses schöne Waldgebiet an Lippe gekommen und die Langenholzhauser, Stemmer und Tevenhauser haben bis
zur Holzablösung der zwanziger Jahre ihr Nutz- und Brennholz daraus bezogen.
Von Hellinghausen ist noch zu reden. Das heutige Gut des Herrn Pampel, ehemals der Herren von Lengerke, davor Fürstlich Lippische Domäne, war im Mittelalter ein kleines Bauerndörfchen mit drei oder vier Höfen. Der Ort hieß damals Hedelinchusen, dessen erster Bewohner vielleicht ein Hildo oder Hildewart gewesen ist. Zwei Höfe gehörten dem Kloster Möllenbeck und zwei den Herren von
Callendorp. Einer der später Callendorper Höfe wurde 1368 von dem Ritter Friedrich Düvel an Hermann und Friedrich von Callendorp verpfändet. Es war Lübeken Haus. Doch ist es zweifelhaft, ob dieser Hof nicht auch einer der beiden Möllenbecker Höfe gewesen und der Düvel nur Pfandbesitzer gewesen ist. Zwischen 1450 und 1470 brachte der Ritter Friedrich de Wend auf Varenholz durch Erbschaft, Kauf und Raub den meisten Besitz fremder Eigentümer in dieser Gegend in seine Hand und ließ keinen anderen dort "staden". So sind auch die Hellinghauser Höfe in seine Hand gekommen. Doch hundert Jahre später, im Jahre 1563, nach dem Tode der letzten Frau de Wend, fiel alles den lippischen Grafen in den Schoß.
In Langenholzhausen hatten während des 13. und 14. Jahrhunderts verschiedene Grundherren Besitz. Dem Kloster Möllenbeck gehörten hier drei Höfe, welche jedoch in verschiedener Hand waren. Einer dieser Höfe gehörte ins Heidelbecker Amt. Dieses wurde von den Rittern zu Heidelbeck oder Helbeke verwaltet. Nach deren Aussterben kam es im Jahre 1411 an die Ritter von Westphal oder, wie sie sich später nannten, von Westphalen. Sie haben weit länger als andere Adelsfamilien in unserem Kirchenspiel gelebt. Das Heidelbecker Schloß, jetzt Gasthof Korf in Heidelbeck, war bis zum Jahre 1839 ihr Wohnsitz. Dann haben sie, nachdem das Kloster Möllenbeck bereits 200 Jahre vorher eingegangen und das oo. Heidelbecker Amt schon früher auseinandergefallen war, ihr Schloß, ihre Äcker und Wiesen und ihre großes Heidelbecker Holz dem Fürsten zur Lippe verkauft. Ehemals gehörten zum Heidelbecker Klosteramte die Dörfer Heidelbeck und Henstorf sowie viele Höfe in Asendorf, Herbrechtsdorf, Rafeld, Brosen, Hohenhausen, Westorf und Bentorf. Auch im Möllenbecker Gebiet gehörten viele Besitzungen Ben dazu. Den Langenholzhauser Hof des Heidelbecker Amtes können wir heute nicht mehr feststellen. Nachdem das im Jahre 896 gegründete adlige Damenstift Möllenbeck im Laufe der Jahrhunderte ziemlich herabgesunken war, wurde das Kloster im Jahre 1441 von Augustiner Chorherren übernommen. Sie haben dort ein blühendes geistiges Leben erweckt und auch gute Zucht und Ordnung gehalten. Im Jahre 1465 haben sie ein genaues Verzeichnis aller Klostergüter angelegt über die Langenholzhauser Höfe des Klosters heißt es in diesem Verzeichnis: "Frederick de Went enwil dar nemanden to staden, de sick allene der Dorpe antuet."
Mit einem anderen Klosterhofe war die Familie von Post belehnt. Es war der Posthof. Daraus haben die Leute später "Potthof" gemacht. Das große Acker- und Gartenland südlich des Hofes Sandermann Nr. 9 heißt ja noch heute "Der Potthof", obwohl gar kein Hof mehr dort. liegt. Aber vor fünfhundert Jahren wird er aller Wahrscheinlichkeit nach dort gelegen haben. Doch der Hof ist später geteilt worden in die Höfe Hieronymus Nr. 10 und Nagelsmeier Nr. 11, denen "der Potthof" bis in unsere Tage noch je zur Hälfte gehörte. Auch das Ackerland und die Wiese sind geteilt worden. Wer die alte Langenholzhauser Flurkarte von 1883 kennt, weiß, daß viele Ländereien der beiden Höfe zusammenlagen, meist schmaler als die benachbarten Äcker anderer Höfe. Die alte Hofstatt ist, vielleicht nach einem großen Brande, verlassen worden und die beiden Höfe wurden zwischen Klingeberg, Krämerstraße, Kirchhof und Hof Rüggemeier Nr. 2 verlegt. Dort soll ehemals auch ein großer Teich gelegen haben. Der Hof Nagelsmeier Nr. 11 liegt ja noch heute in diesem Gebiet, während der Hof Hieronymus Nr. 10 während des Dreißgjährigen Krieges an seine jetzige Hofstatt verlegt und die alte Hofstatt an der Krämerstraße in Kötterstätten zerlegt wurde.
Ein dritter Möllenbecker Hof war eine sogenannte Memorienstiftung und war wahrscheinlich einmal im frühen Mittelalter von seinem Besitzer dem Kloster geschenkt worden, damit dort alljährlich für sein und der Seinigen Seelenheil gebetet wurde. Näheres ist uns über diesen dritten Hof nicht bekannt. Aber auch dieser Hof kam, wie bereits vermerkt, nach 1450 in Friedrich de Wends Hände.
Auch die Ritter von Varenholz oder, wie sie sich damals nannten,
von Vornholte, hatten in Langenholzhausen bedeutenden Besitz. Ihre wichtigsten Gerechtsame war das Gogericht über das Kirchspiel Langenholzhausen. Von einem rechtskundigen Richter oder Gografen wurden die Gerichtssitzungen wahrscheinlich auf dem Kirchhofe abgehalten. Noch vor 40 Jahren stand dort bei dem jetzt zugemauerten Kirchhofstor, nahe meinem Elternhause an der Krämerstraßenecke, eine gewaltig dicke, aber schon vor hundert Jahren hohle Linde. Längst hatte sie ihre Krone verloren, im Jahre 1876 hatte sie bei dem großen Brande im Feuer gestanden, doch Jahr für Jahr standen ihre knorrigen Äste wieder in hellem Grün und kam die Lindenblüte, so waren sie und der jüngere Lindenbaum an der anderen Torseite von Bienen umschwärmt. Unter diesem uralten Baumveteranen, das ist meine feste Überzeugung, wird im Mittelalter Gericht gehalten sein. Dort stand an den Gerichtstagen der hohe Stuhl des Gografen und über ihm hing am Baumstamm der Schild der Ritter von Vornholte, die vier in ein Schrägkreuz, ein Andreaskreuz, gestellten Ringe. Am 15. Juni 1323 haben die arm gewordenen Ritter von Vornholte ihre Burg und das Gogericht an den Edlen Herrn Simonn I. zur Lippe verkauft und von nun hing an der alten Linde der Schild der Lipper mit der leuchtenden Heckenrose. Denn noch lange ist hier Gericht gehalten worden. "Reineke der Heger, Richter zu Holtzhausen" heißt es in einer Urkunde vom Jahre 1403. Doch 1462 heißt es: Saek Vredeverdes, Gograf zu Langenholzhausen und Varenholz". Dort stand vor der Burg ein alter Rotdornbaum, und wir lesen nun in den alten Scharteken: "Under den Hagedorn to Vornholte … "
Die Ritter von Vornholte hatten sich bei dem Verkauf ihrer Burg
zwei Burgsitze vorbehalten und haben noch über hundert Jahre dort
gewohnt. Auch hatten sie noch an manchen Orten Eigengut und von den Bischöfen von Minden und den Grafen von Schaumburg auch allerlei Lehnsgüter. Im Mindener Lehnsbriefe der Vornholter sind für uns folgende Stücke interessant: "Ein Hof zu Langenholzhausen und eine Hufe zu Obernholzhausen, ein Kamp, der heißt der Langenberg, eine Mühle daselbst", ferner an anderer Stelle: "Bramberg, Merenbrok (Pferdebruch), Langenwand und die Berge über der Kalle bis an den Havekesberg (Habichtsberg), Einifaest (Efast), die Twachte, der Sprickberg, der Rodenberg …"
wir wissen nicht, welcher Langenholzhauser Hof. den Vornholtern gehört hat, wissen auch nicht, ob die im obigen Lehnsbriefe genannte Mühle die alte Langenholzhauser Bültemühle oder eine nicht mehr bekannte Mühle zu Obernholzhausen gewesen ist. Die Bültemühle an der Krämerstraße in Langenholzhausen war im Jahre 1383 im Besitz der Herren von Westphal zu Heidelbeck, welche sie auf vier Jahre dem Heinrich Ploys verpfändeten, während 1381 "Reneke de Grone in der Bultemollen und Henneke de Molner" lippische Leute
waren. Es ist schwer, dies alles miteinander in Einklang zu bringen. Noch um 1900 bestand in Langenholzhausen die mündliche Überlieferung, daß die Möllenbecker Mönche in dieser Mühle ihr Korn hätten mahlen lassen. Friedrich Kreinjobst der Ältere, verdienst voller Gemeindevorsteher und späterer Landtagsabgeordneter, schreibt 1919 in seiner kleinen Schrift: "Beschreibung der Vorgänge am Langenholzhauser interessenten-Walde':
"Die Mönche dieses Klosters. sollen derzeit in den hiesigen Ortschaften besonders viel Verkehr gehabt haben. Sollen auch, da in Langenholzhausen nur eine kleine Mühle gewesen ist, schon derzeit das Mahlgut mit Mauleseln gebracht und nach dem Vermahlen wieder weggetragen haben. Ein musterhaftes Verfahren sollen sie dabei angewandt haben, indem zwangzig und mehr Maulesel hintereinander, jedes an den Schwanz seines Vortieres gebunden, nur von einem Manne begleitet gewesen sein sollen."
Das begütertste Rittergeschlecht Nordlippes während des 14. Jahrhunderts waren die Ritter von Callendorp. Sie waren die Langenholzhauser Kirchenpatrone und waren für alle kirchlichen Rechtsgeschäfte zuständig. In Niedernkalldorf, etwa da, wo heute die Niedermühle liegt, war ihr Stammgut. Im Jahre 1244, in der ersten Langenholzhauser Urkunde, welche uns erhalten ist, tritt der Ritter Hermann von Callendorp auf. Er war Lehnsmann der Grafen von Ravensberg und ihre Burgmann auf der Burg Vlotho. Wegen seiner treuen Dienste wurde er von der Gräfin Sophie von Ravensberg und ihrem Schwiegersohn, dem Grafen Heinrich von Tecklenburg, mit einem "mansus", einem Hof in Holthusen belehnt. Nach seinem Tode sollte seine Frau die Stätte als Leibzucht haben.
Dieser Hermann von Callendorp und seine Nachkommen waren die jün-
gere Linie ihres Geschlechts. Ihr Wappen war ein Helm mit Adlerflügeln. Besitzer der Stammgüter war Jordan von Callendorp und seine Nachkommen. Sie führten ein gekrümmtes widderhorn im Wappen. Die Hornlinie und die Helmlinie haben einen gemeinsamen Vorfahren gehabt, doch dieser wird in keiner erhaltenen Urkunde mehr erwähnt. Beide Linien waren Lehnsleute der Herzöge von Sachsen-Lauenburg, doch die Hornlinie hatte den wesentlichen Lauenburger Lehnsbesitz. Um die Kalldorfer Stammgüter und um die Lehnware der
Kirche zu Langenholzhausen haben beide Linien einen langen Streit gehabt, welcher im Jahre 1325 durch den Edelherrn Simon I. zur Lippe und den Grafen Otto von Ravensberg dahin geschlichtet wurde, daß die Helmlinie auf alle diese Güter Verzicht leistete. Sie hatte ihre Eigen- und Lehngüter in Röntorf und Welsdorf und in den damals lippischen Ämtern Rehme und Eydinghausen. Die Hornlinie‘ hatte ihre Güter vor allem in den nordlippischen Dörfern, allerdings hatte in Langenholzhausen auch die Helmlinie Lehnsgut von den Lauenburger Herren.
Am 13. Juli 1354 teilten die drei Brüder Friedrich, Gottschalk und Hermann von Callendorp (Hornlinie) all ihr Gut und Erbe. In drei langen, plattdeutschen Urkunden ist der gesamte Eigen- und Lehnsbesitz aufgezählt. Da werden die Orte Lüdenhausen, Hohenhausen, Obernholzhausen, Tevenhausen, Herbrechtsdorf, Ölentrup, Hösen, Ripen, Hellinghausen, Dalbke, Westorf, Wentorf, Borlefsen, Niedernkalldorp, Harkemissen, Uflen, Istorf, Vlotho, Herford und andere genannt. Von Langenholzhausen, wo die Kalldorfer doch Kirchenpatrone waren, steht in den Urkunden nur:
"De halve holtgrafscop to Holthusen unde Henke Knaphard, sin wif
unde ere kindere unde de besate des huses, dar he uppe wonet."
Ein Hof also nur gehörte der Hornlinie in Langenholzhausen. Wir wissen nicht, welcher Hof es gewesen ist. Aber die halbe Holzgrafschaft, das war schon was, denn das war der Mitbesitz und das Mitverfügungsrecht an den großen Waldungen rings um Langenholzhausen. Da aber auch die Ritter von Vornholte als Lehnsleute des Bischofs von Minden, wie wir hörten, Bramberg, Pferdebruch, Langenwand und die Berge über der Kalle bis an den Habichtsberg sowie Efast, Sprickberg und Rotenberg als Lehen hatten, scheinen die Lauenburger Herzöge und die Bischöfe von Minden vertreten durch ihre Lehnsleute, die Ritter von Callendorp und die Ritter von Vornholte, im gemeinsamen Besitz des großen Waldgebietes im Kirchspiel Langenholzhausen - ausgenommen das Heidelbecker Holz, welches ja Möllenbecker Klostereigentum war - gewesen zu sein. Aber die Bewohner von Langenholzhausen, Stemmen, Tevenhausen, Kalldorf und Erder hatten ihre Hudeberechtigungen in diesen Wäldern und entnahmen ihr Brenn- und ihr Bauholz dort. Der Flecken Varenholz war damals noch nicht vorhanden, doch die Be-
wohner von Obern- und Niedernholzhausen, von Stocke, von Edissen (östlich von Varenholz) und Imessen (zwischen Varenholz und Erder) waren mitbeteiligt, denn an der Waldnutzung hatte damals jedermann Anteil. Über das Schicksal dieser Berechtigungen wird noch zu reden sein.
Die Callendorper und die Vornholter haben beide in den Wends ihre Nachfolger gefunden, und diese haben ihr großes Erbe mit viel Geschick und Umsicht zu verwalten und zu mehren gewußt. Darüber im nächsten Kapitel.
Mit ‚dem Kauf der Burg Vornholte und dem Gogericht über das Kirchspiel Langenholzhausen am 15. Juni 1323 hatten die Edelherren zur Lippe Fuß in unserm Gebiet gefaßt. Es mußte ihr Bestreben sein, ihre Herrschaft zu festigen und zu erweitern. Der Ausbau der Burg zu einem großen und festen Waffenplatz an der Weser hat viel Geld verschlungen, und die lippischen Herren sind selten gut bei Kasse
gewesen. Doch die Ritterfamilien ringsumher, die zumeist auf ihren offenen Höfen wohnten, erwarben in jenen kriegerischen Zeiten gern einen Burgmannssitz auf der trutzigen Feste. Sie mußten ihre Wohnsitze dort selber ausbauen und mußten ihrem lippischen Herrn in schweren Zeiten stets treu und hilfreich sein. Schon im nächsten Jahre waren die von Dehem und von Wend zur Stelle, und dann kamen die von Callendorp, von Westphal, von Post, von Zerssen und andere mehr. Sieben oder acht Burgmannssitze hat es derzeit auf Varenholz gegeben. Mehrfach ist Vornholte von den Lippern auch an eine der Burgmannen ganz oder teilweise verpfändet gewesen. Der große und feste Waffenplatz hat in jenen Jahrhunderten eine recht stürmische Geschichte gehabt. Wiederholt habe ich eingehend darüber berichtet.
Eine zweite wichtige Aufgabe ergriffen die Lipper in ihrem neuen Gebiet. Es war der Erwerb von Land und Leuten. Damals gab es in dieser Gegend noch manchen Bauern und Kötter, der keinem Gutsherrn untertan war. Doch die Zeiten waren so beschaffen, daß man auf die Dauer nicht ohne einen starken Schutz friedlich auf eigener Scholle leben konnte. Selbst die kleinen Ritter- und Dienstadels-
geschlechter suchten Schutz in der festen Burg, und wer ein lippischer Mann wurde, konnte im Notfall mit seiner Familie und seiner besten Habe auch hinter die festen Mauern flüchten. So fand der lippische Amtmann Lutbert de Wend, der für seinen Herrn Simon III. Land und Leute warb, in den umliegenden Dörfern offene Ohren und willige Herzen. Es ist ihm gelungen, eine stattliche Zahl freier Leute zu lippischen Eigenbehörigen zu machen. Die Abgaben und Dienste, welche sie nun dem neuen Herrn zu leisten hatten, waren wohl erschwinglich. Zweihundert Jahre später haben es ihre Nachkommen erheblich schwerer gehabt. Vielleicht hat Lutbert de wend auch nicht mit Geschenken gespart bei seinem werbegeschäft, vielleicht hat er von anderen, arm gewordenen Grundherrngeschlechtern auch Eingenbehörige für seinen Herrn gekauft, und
vielleicht hat er - sein späteres Verhalten spricht schon dafür - auch für sich selbst zu werben versucht. Jedenfalls hat er sich durch Verpfändung geworbener Bauern und Kötter ein ganz großes Kapital verschafft. Die folgende Urkunde vom 17. Mai 1368, welche in freier Übersetzung aus der plattdeutschen Urschrift wiedergegeben wird und in welcher damals lebende Langenholzhauser Einwohner namentlich aufgeführt sind, dürfte wohl für alle Leser von
Interesse sein:
Die Brüder Friedrich, Walter, Godeke und Eegerich von Post,
Alberts Söhne, bekennen, daß ihnen Lutbert de Wend, Herr Friedrich, Probst zu Schildesche, Ludeke und Hinrich, seine (Lutberts) Söhne, für 108 Mark Pfennige, wie sie in Lemgo gang und gäbe sind, die folgenden Leute zu Pfande gegeben haben, nämlich:
1. Nolteke Pychard zu Holzhausen von seinem Kotten,
2. Ernst daselbst von seinem Kostten,
3. Ludeke der Schmied von seinem Kotten,
4. Saak der Schneider von seinem Kotten,
5. Die Herdesche von Geseken Kotten,
6. Hespe von Ludikes Kotten
sollen jährlich geben 16 Pfennige, & Hühner und 2 Tage Dienst,
7. Henke der Heger von seinem Gute soll geben 7 Schilling weniger
4 Pfennig, 4 Hühner und 2 Tage Dienst,
8. Cord der Heger von. seinem Kotten soll geben 2 Schilling, 8 Hühner, 2 Tage Dienst,
9. Der Solter von seinem Gute soll geben 6 Schilling und 4'Pfennige, 4 Hühner und 2 Tage Dienst,
10. Pampel von seiner Stätte und
11. Olding von seiner Stätte sollen jeder geben 16 Pfennige, 4 Hühner und 2 Tage Dienst.
Von den verschriebenen Hühnern allen gehört uns der zweite Teil.
12. Auch sollen wir heben von dem vierten Teile des Zehnten zu Gestinghen, den sie uns hierzu setzen, 1 Molt Roggen, 1 Molt Gerste und 2 Molt Hafer und den 4. Teil des Zehnt von den kleinen Feldfrüchten.
13. Aus Kruwels Kotten zu Ymessen: 4 Schilling, 4 Hühner, 2 Tage Dienst
14. Von Koneken Kotten 1 Schilling,
15. Basenbergs Land gibt uns 1 Molt Roggen, 2 Molt Hafer, 30 Pfennige und 2 Hühner,
16. Deneke der Grone gibt uns vom , Bünekenberge und von dem Kotten 3 Molt Hafer und 2 Hühner,
17. Aldus der Bode zu Brochusen (Brosen): jährlich 1 Mark,
18. Henneke Bartolding zu Westorf: 7 Schilling,
19. Hermann Ludeking zu Hodenhusen (Hohenhausen): 5 Schilling,
20. Hermann der Ridder zu Hohenhausen: 8 Schilling,
21. Der Wedemhöver zu Talle: 4 Schilling,
22. Paest zum Dalbke: 2 Schilling, en
23. Henneke Argemanns Sohn zu Heylbeke (Heidelbeck) : 1 Schilling
24. Des Bonen Sohn zu Heylbeke: 1 Schilling
Diesen vorgeschriebenen Zins sollen wir von diesen Leuten jährlich erheben und anders weder Geld noch Schatzung. Aber dienen sollen sie uns nach unserm Bedarf.
Wollen sie (die Wends) diesen verschriebenen Zins und Leute und Gut von uns wieder lösen, so sollen sie uns kündigen zu Vornholte in den 12 Nächten zu Weihnachten und geben und bezahlen dann in der nächsten Woche nach Paschen (Ostern) unsere 108 Mark Pfennige,wie verschrieben ist, oder für je zwei Mark Pfennige eine Mark lötigen Silbers Lemgoer Witte und Wichte, worin die Pfennige dann verwandelt werden.
Alle diese vorgeschriebenen ‚Stücke loben wir in guter Treue stetig und fest zu halten ohne Arglist. Das zu einem Bekenntnis haben wir unsere Siegel alle an diesen Brief gehangen.
(Es folgt das Datum in lateinischer Sprache (1368 ı Mai 17. )
(Die ursprünglich angehängten Siegel der Brüder Post sind nicht. mehr vorhanden.)
(NB. Die 24 Nummern stehen nicht in der Urkunde, sie sind zu besseren Übersicht hier eingefügt.
Erläuterung der vorstehenden Urkunde:
Der gesamte Jahreszins für die 108 Mark Pfennige beträgt:
1 Mark 46 Schilling 142 Pfennig, 26 Hühner, 24 Dienste
2 Molt Roggen, 1 Molt Gerste, 7 Molt Hafer.
Da in jenen Jahren 1 Mark = 15 Schilling, 1 Schilling = 12 Pfennige zählten, betrug der Geldzins 4 Mark 12 Schilling 10 Pfennig.
Ein Pfennig war damals eine ganz kleine, mit unedlem Metall
legierte Silbermünze. Schillings- und Markmünzen wurden. nicht geprägt. Das gesamte Leihkapital von 108 Mark Pfennigen = 19440 Pfennige ist also dem Lutbert de Wend wahrscheinlich in Pennigstücken oder gar Hälblingen und Vierlingen ausgezahlt worden. Das Gewicht eines Pfennigstückes betrug etwa 1,7 Gramm. Es.
muß also ein ziemlicher Beutel Geld gewesen sein, den Lutbert in Empfang nahm. Nun gab es in jener Zeit allerdings auch Münzen aus reinem Silber geprägt, nicht nur Pfennige, sondern auch größere Stücke, die man Turnosen, Groschen und in der Münzstadt Lemgo gewöhnlich Witte und Wichte nannte, welche sich nach Größe und
Gewicht unterschieden. Eine Mark in solch reinen Silbermünzen war soviel wert als eine Mark Pfennig. Zahlte Lutbert später die 108 Mark in Witten und Wichten zurück, so kam er mit 54 Mark aus. Doch die wird er wohl kaum ‚ganz zusammengebracht haben.
Der Wert der 26 Zinshühner und der 24 Diensttage läßt sich nicht genau feststellen. Das Korn wurde bis ins vorige Jahrhundert hinein nicht gewogen, sondern mit einem großen Hohlmaß, dem Scheffelmaß, gemessen. 1 Molt Korn waren 12 Scheffel, wobei ein Haferscheffel größer war als ein Roggenscheffel, da ersterer etwa 52, letzterer etwa 44 Liter faßte. Der Geldwert des Korns im Jahre
1368 läßt sich nicht genau mehr feststellen. Da nun jedoch damals ein so großes Leihkapital etwa 10 % Jahreszinsen erbrachte, so dürfte der Gesamtwert der Zinsen - in Geld, Hühnern, Diensten und Korn etwa 41 Mark Pfennige betragen haben.
Uns interessieren in dieser Urkunde vor allem die unter 1- 11 aufgeführten Langenholzhauser Leute, deren jährliche Abgaben und Dienste der lippische Amtmann Lutbert de Wend verpfändete. Die unter 1 - 6,10 und 11 genannten Leute hatten anscheinend kleinere Kötterstätten und waren Kuhbauern. Henke der Heger und der Solter waren "Gutsbesitzer" und bewirtschafteten große Bauernhöfe. Corf
der Heger, vielleicht ein jüngerer Bruder von Henke, kann man wohl als Großkötter bezeichnen. Wir wissen nicht, welche Stätten und Höfe diese ersten uns namentlich bekannten Langenholzhauser bewohnt haben. Von ihren Namen hat sich nur der Name Heger bis heute in Langenholzhausen gehalten. Bemerkenswert ist, daß es schon 1368 einen Schmied und einen Schneider im Dorfe gab, und daß Herr Pampel, heute Gutsbesitzer in Hellinghausen, schon vor 600 Jahren einen Namensvetter in Langenholzhausen gehabt hat.
Noch weit mehr Land und Leute hat der Amtmann Lutbert de Wend zusammengebracht. Doch nach anderen erhaltenen Urkunden scheint es, als habe er mehr für sich selbst als für seinen Herrn gesorgt. Er kam mit diesem später in einen großen Streit, wurde schließlich abgesetzt und mußte gezwungen werden, die geworbenen Güter und Leute herauszugeben. Aus dem Jahre 1381 liegt eine Liste der Leute
vor, welche Lutbert dem Edelherrn Simon III. zur Lippe überlassen hat. Diese Liste enthält 133 Namen, darunter sind aus Stemmen 19, Stocke 10, Langenholzhausen 15, Obernholzhausen 2, ‚Hellinghausen 3, Kalldorf 6, Erder 5, Imessen 4, Tevenhausen 5, Heidelbeck 3, Herbrechtsdorf 4, Lüdenhausen 2, Selsen 4, Rafeld 5, Brosen 5, Westorf 4, Röntorf und Umgegend 6, Pillenbruch 4, Pelen 1, Laßbruch 4, "Silixen 1; dazu aus außerlippischen Orten: Möllenbeck. 6, Ottbergen 6, Sudmersen 3, Steinbrüntorf 2, Werse 1, Eydinghausen 1, Remelingdorf 1, Ransenbeck 1.
Die Hellinghauser Leute waren: Schonevogel, Slomann, Reineke, Stock.
Die Obernholthauser: Die Bockesche, der Hachtmester
Die Langenholzhauser: Henneke Pichart, des Wedemhovers Weib, der Kerkebere, Meier Reneke, Henke der Heger, Hermann Stock, Reneke der Grone in der Bültemühle, Henneke der Molner, Nolteke Pichart, der Bodeker, Koneken Weib, Strodenick, Knipping, der Solter, Berndt Brunse.
Mehrere dieser Langenholzhauser Leute werden bereits in der oben angeführten Urkunde von 1368 genannt, nämlich die beiden Bauern Henneke Heger und der Solter sowie der Kötter Nolteke Pichart. Doch es sind nun auch der Meier Reineke, die Frau des Wedemhovers, das heißt des Pfarrhofbauern, ferner der Inhaber der Bültemühle und sein Molner, d.h. Müller Henneke, Eigenbehörige des lippischen
Landsherrn. Und das bis heute in Nordlippe stark vertretene Geschlecht Stock trat auch damals schon in Langenholzhausen und Hellinghausen auf. Im übrigen scheint jedoch in den 13 Jahren zwischen 1368 und 1381 ein starker Wechsel stattgefunden zu haben, vor allem unter den Kleinkötterfamilien, die ja immer losere Füße gehabt haben als die Bauern, weil sie sich immer nach besseren
Arbeitsstellen umsehen mußten. Es ist auch denkbar, daß Lutbert manche Leute ausgetauscht und die besseren auf seine eigenen Güter gebracht hat. Denn er hat begreiflicherweise am Ende seiner Amtszeit einen großen Haß auf seinen lippischen Herrn gehabt.
Und seinen Söhnen hat er diesen Haß vererbt. Als es in der großen Eversteinschen Fehde (1406-1409) den Lippern an den Kragen ging, als von allen Seiten die Feinde ins Land fielen, da warf auch die ganze Lutbertsche Sippe dem Edelherrn Simon III. und seinem Sohne und Mitregenten Bernhard VI. den Fehdehandschuh hin. Und gerade in den Kalletälern, wo einst der Vater Lutbert gewirkt und geworben hatte, da hat nun Lutbert der Sohn mit seinen Brüdern und Kumpanen furchtbar gewütet. Da sind sie auch in Langenholzhausen eingefallen, haben das Vieh geraubt und die Häuser angesteckt, und den befestigten Kirchhof, wohin sich die Menschen aus dem Dorfe und aus den Nachbarorten mit ihrer besten Habe geflüchtet hatten, den haben sie erstürmt, haben Leute erschlagen und andere weggeschleppt, um Lösegeld von ihnen zu erpressen. Auf 200 Mark, damals eine enorme Summe, haben die Langenholzhauser ihren Schaden geschätzt.
Über den Ausgang der Lutbertschen Raubzüge, die auch in Kalldorf sowie in den Kirchspielen Hohenhausen, Lüdenhausen und Talle großen Schaden und viel Leid anrichteten, wissen wir wenig. Doch Untreue trägt ja selten Gewinn. Der Stern der Sippe des Lutbert de Wend erlosch in unserer Gegend. Ihr Eigenbesitz in nordlippischen Dörfern ging in den nächsten Jahrzehnten in andere Hände über.
Ganz anders hatte sich. in den schweren Zeiten ein Vetter Lutberts
verhalten. Es war Friedrich de Wend, genannt der Rote. Er hatte für seinen lippischen Lehnsherrn Gut und Blut eingesetzt und war allezeit den Lippern ein treuer Vasall und Helfer gewesen. Er heiratete die reiche Erbin Grete von Callendorp und beerbte im Jahre 1401 die im Wesertale und in unserm Kirchspiel begüterte Familie von Rottorp, Inhaber eines Möllenbecker Klosteramtes. Aus
*
seiner Ehe gingen zwei Söhne hervor, Friedrich und Heinrich de Wend.
Auch sie waren vom Glück begünstigt. Nach ihres Vaters um 1422 erfolgtem Tode vermachte ihnen ihr mütterlicher Großvater, Friedrich von Callendorp, im Jahre 1425 den ganzen riesigen Callendorper Besitz. Zwar lebte noch sein Vetter Heinrich von Callendorp. Doch dieser hatte einst eine ähnliche Rolle gespielt wie Lutbert de Wend, war zum Verräter der Lipper geworden und hatte zeitweilig sogar die Burg Varenholz in seine Gewalt gebracht. Er hatte "durch seine landeskundige Verräterei Leib, Ehre und Recht verwirkt", und es war daher ausgeschlossen, daß er das große Erbe seines Geschlechts antrat. Nach langem, vergeblichem Streit um das Erbe hat er 1433 darauf Verzicht geleistet.
Friedrich und Heinrich de aber waren inzwischen gut auf dem Posten gewesen. Als im Jahre 1428 der Edelherr Simon IV. zur Lippe seine Burg Varenholz weiter ausbauen wollte, liehen ihm die Brüder de Wend 2000 Goldgulden und Simon verpfändete ihnen dafür nicht nur den Teil der Burg, den ihre Familien bewohnten, sondern all sein Land und seine Leute im ganzen Amte Varenholz sowie die damals lippischen Ämter Eydinghausen und Rehme, das halbe Amt Quernheim, das Gericht zu Bünde,. den Zehnten zu Volmerdingsen, das ‚Amt Rumbeck und den Zehnten zu Almena. So legten Heinrich und Friedrich de Wend den Grund zu dem Reichtum und der Macht ihres Geschlechts, welches dann noch fast eineinhalb Jahrhunderte das Regiment im lippischen Norden in Händen gehalten hat.
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2. Die Zeit de Wends
(1450 - 1563)
In keinem anderen Orte hat das einst so mächtige Rittergeschlecht de Wend ein solch treues Andenken gefunden wie in Langenholzhausen. Nach Meinung der alten Bauern noch um 1900 sind die Wends die großen Wohltäter unserer Gemeinde und unseres Kirchspiels gewesen, und die Zeit, in welcher sie den lippischen
Norden beherrschten, ist hier im Dorfe immer wie ein goldenes Zeitalter gepriesen worden. Bei jedem Kirchgang wurden die Menschen ja auch immer wieder an jenes alte Geschlecht erinnert. Das Wendsche Wappen, die drei Sturmhauben oder Eisenhüte, schaute vom Gewölbe des Gotteshauses auf die Leute herab. In Treue und Dankbarkeit hatte das Kirchspiel die großen Steinbilder der letzten drei Wends, den Vater Reineke, die Mutter Margerete und den Sohn Simon, als Träger der Kanzel aufgestellt. Diese drei hatten einst die Kirche vergrößert und prächtig ausgeschmückt, und vor ihrem so tragischen Untergang hatten sie ihren lieben Langenholzhausern, Stemmern und Tevenhausern noch das große Langenholzhauser Holz geschenkt, aus dem nun alle altansässigen Familien ihr Brenn- und Bauholz beziehen und in dem sie ihre Schweine und Kühe hüten konnten.
Nun, Erinnerungen und mündliche: Überlieferungen verklären und verwandeln viel. Doch hat auch die Geschichte der Varenholzer Linie de Wend manch andere Züge. Sie waren ein Burgmannsgeschlecht, stärker und stolzer als alle die andern, kühner und freier im Hochflug ihrer Pläne, rücksichtsloser und tapferer im
Gebrauch der gepanzerten Ritterfaust, ein Geschlecht, das die wilde Zeit meisterte, und dem das Glück die Schätze der Straße und des Stromes in den Schoß warf und es zum Erben all der absterbenden Varenholzer Burgmannsgeschlechter gemacht hat.
Kaum hatten die Lipper auf der Burg Fuß gefaßt, so waren auch die Wends schon da. Bereits 1324 verpfändete ihnen Simon I. die halbe Burg und das Langenholzhauser Gogericht. Doch nun schrieen die beiden andern Familien auf der Burg, die Vornholter und die von Dehem. Drum nahm Simon den drei Brüdern Wend das Versprechen ab, daß sie die beiden andern Ritterfamilien in ihren Burgmannswohnung ruhig sitzen lassen würden. Ihr Gograf, den sie nach
Langenholzhausen setzten, mußte dem Lipper Treue schwören.
Über den ungetreuen Amtmann Lutbert de Wend und den Raubzug seiner Söhne in unser Dorf, auch über ihren treuen Vetter Friedrich der Rote und seine beiden Söhne Heinrich und Friedrich, die 1425 ihren Callendorper Großvater beerbten, wurde bereits berichtet. Jeder dieser beiden Herren hatte einen Sohn und Erben namens Friedrich. Diese beiden Vettern machten wiederum ein großes Erbe. Die Letzte ihres Geschlechts, Aleke von Vornholte, vermachte ihnen, als ihren "lieben Wesseken", die gesamten Vornholter Güter und Gerechtsame. Das war im Jahre 1443. Im Jahrzehnt zwischen 1440 und 1450 starben die beiden Väter sowie auch Friedrichs Sohn. Übrig blieb Friedrich de Wend, Heinrichs Sohn, welcher um 1450 Erbe der gesamten Wendschen Eigen- und Lehnsgüter wurde.
Friedrich de Wend war ein Mann mit kühnen Plänen und hochfliegenden Zielen. Seine Standesgenossen haben ihn gefürchtet.
Kaufleute und Geistliche haben ihn gehaßt, seinem Landesherrn war er unheimlich und gefährlich. Es war sein Ziel, hier an der Weser und in den Kalletälern sein eigener Herr zu werden und die Pfandschaft von Burg und Amt Varenholz allmählich in Eigenbesitz wandeln, wie es die Lipper mit der Grafschaft Sternberg später ja
auch fertiggebracht haben.
Waren in den letzten fünfzig Jahren durch Erbschaft und Kauf die Güter der Familien von Rottorp, von Callendorp, von Post und von Vornholte an seine Familie gekommen, so suchte Friedrich nun durch Tausch und Kauf immer Höfe, Kotten und Rechte nördlich des Begaflusses in seine Hand zu bringen. Seinem Lehns- und Landesherrn Bernhard VII. zur Lippe streckte er nach und nach 20 000 Goldgulden vor, so daß jenem die Lösung der Pfandschaft von Schloß und Amt Varenholz schließlich fast unmöglich gemacht werden mußte. An der Weser, welche damals noch am Varenholzer Burgberge vorbeifloß, errichtete er eine eigene Zollschranke neben der lippischen, und er ließ von den Weserschiffen meist nicht an der lippischen, sondern an der Wendschen Zollstätte den Weserzoll zahlen. Im ganzen Amte, welches ja damals auch Welsdorf, Brüntorf und Matorf, Silixen und Almena umfaßte, zog er die herrschaftlichen Gefälle ein, und an den Gerichtsbäumen zu Langenholzhausen, Hohenhausen, Lüdenhausen, Hillentrup und Heiden hing der Schild mit den drei Eisenhüten. Unter den Hagedorn vorm Varenholzer Schloß nahm er, wie ein Landesherr, seinen Mannen den Lehnseid ab.
Für seine Pfarrkirche in Langenholzhausen ließ er den Lüdenhausern eine Glocke wegnehmen.
Es war eine tolle Zeit damals. Kaiser Friedrich der Dritte (1450 - 1493), "des Heiligen Römischen Reiches Schlafmütze", saß tatenlos in Wien, und die vielen Fürsten und Herren im Reiche rauften sich "herum, brandschatzten die Bauern und erpreßten die Kaufleute. Auch der Lippische Edelherr Bernhard VII., den sie Bellicosus, d.h. "der Kriegerische", nannten, zog von einer Fehde in die andere. Nun, dem Ritter Friedrich de Wend konnte das nur recht sein. Er wußte diese Zeit schon zu nutzen. Das Geld, diese Teufelserfindung der neuen Zeit, lag auf den Straßen und im Weserstrom. Alle die reichen Kaufleute aus Minden und Hameln und weiter herum, mochten sie zu Schiff oder zu Wagen ziehen, sie kamen nicht ungerupft an der Burg Varenholz vorbei. Bis in die Gegend von Höxter streiften
Friedrichs vermumnmte Raubgestellen, stahlen Vieh und schleppten Plünderware weg. Kaufleute und reisende Priester schrieen, daß sie zu Vornholte "gestocket, geplaget und gepeinigt" worden seien und daß man ihnen alle ihre Habe genommen hätte.
Das Kloster Möllenbeck und sein großer Landbesitz waren Friedrich de Wend ein Dorn im Auge. Auf keinem ihrer alten Höfe in Friedrichs Gebiet durften Mönche sich mehr blicken lassen. Immer wieder heißt es in ihren Güterverzeichnissen: "Aver Frederick de Wendt undernehnet sick aller dusser Guder unde enwil dar nemende to staden". Über den Streit wegen des großen Wwaldgebietes um die Siedlung Stocke, das spätere Langenholzhauser Holz, wurde schon berichtet. Trotz aller Klagen der Mönche haben Friedrich und seine Nachkommen dies schöne Waldland nicht zurückgegeben.
Bernhard VIL. zur Lippe hat es lange nicht gewagt, gegen seinen reichen mächtigen Vasallen einzuschreiten. Doch die Beschwerden
von allen. Seiten zwangen ihn schließlich dazu. Friedrichs Gegner liehen Bernhard das Geld, daß er die Pfandschaft von Varenholz ablösen konnte. In großen, langen Streitschriften wurde viel schmutzige Wäsche von beiden Seiten gewaschen, und zwei große Verträge, der von 1463 und der von 1481, geben uns einen tiefen Einblick in jene Zeit der Entartung des Rittertums, da der Wahl-
spruch aller Raubritter und Buschklepper galt: "Reiten und Rauben ist keine Schande, das tun die Besten im Lande !" - Nach dem letzten Vergleiche zwischen Bernhard und Friedrich behielt dieser zwar seinen großen Eigen- und Lehnsbesitz, mußte aber die Landesherrschaft der Edeln Herren zur Lippe anerkennen. Nicht die Eisenhüte, sondern die Rose blieb Herr am Weserstrom !
Friedrich de Wend und sein Sohn Florens sind im Jahre 1486 kurz nacheinander gestorben. Eine alte mündliche Überlieferung, welche auch ich in meiner Jugend von alten Leuten gehört habe, erzählt Friedrich Keinsjobst in seiner schon erwähnten Schrift vom Jahre 1919, wo er allerdings Friedrich de Wend mit seinem Urenkel Simon verwechselt.
Friedrichs Sohn war ein Trinker zum großen Kummer seines Vaters. Eines Morgens kam er in betrunkenem Zustand in seines Vaters Stube und reizte diesen durch sein unwürdiges Benehmen so sehr, daß der Vater dem Sohne eine gewaltige Ohrfeige gab. Dabei ist der Sohn mit dem Kopfe an eine scharfe Tischkante gefallen und ist binnen einer Stunde eine Leiche gewesen. Den Vater aber hat das so sehr geschmerzt, daß er alle Freude am Leben verlor und nur daran gedacht hat, wie er mit seinem großen Besitz Gutes tun könne. "So hat er vor seinem Tode den Bauern dann die großen Waldungen geschenkt."
Nun, die Richtigkeit dieser mündlichen Überlieferung läßt sich nicht nachweisen. Der plötzliche Tod von Vater und Sohn aber gab dem Edelherrn Bernhard VII. die Möglichkeit, seinen nordlippischen Besitz wieder fester an sich zu ziehen. Doch bereits 16 Jahre später stieg der Stern der Familie de Wend zu hellerem Glanze
empor.
Nach Friedrichs und Florens' de Wends Tode setzte Bernhard VII. den Ritter Statius von Barkhausen als Drost im lippischen Norden ein und verpfändete ihm auch das Schloß Varenholz. Im Jahre 1497 trat Dirik von Halle an Barkhausens Stelle. Aber das Bleiben dieser fremden Herren war nicht lange. Ihr Lehnsherr Bernhard, immer in Geldnöten, pumpte sie an, dazu waren sie genötigt, wiederholt
Gelder in die Besserung des großen Schlosses zu stecken. Ganz wohl werden sie sich hier nicht gefühlt haben.
Die Wends aber saßen weiterhin auf ihren Varenholzer Burgsitzen. Florens de Wend hatte drei Söhne hinterlassen: Friedrich, Reineke und Florens oder Flörke. Ihre Mutter, eine geborene von Gudenberg, muß früh gestorben sein, denn ihre Großmutter, Else de Wend geb. von Zerssen, nahm die Sache der Wends fest in die Hand. Aber von ihren drei Enkeln blieb nur ‘der mittlere, Reineke de Wend, am Leben. Der Hohenhauser Pfarrer Heinrich Cording war sein erster Lehrer und war auch in späteren Jahren sein Rechtsbeistand. Seine ritterliche Erziehung hat Reineke wahrscheinlich am Hofe des Edelherrn Bernhard VII. erhalten, auf der Burg! Blomberg und im
Lippehofe zu Lemgo, war doch Bernhards Hof dafür bekannt, daß man dort die besten ritterlichen Künste und Tugenden erlernen könne. Bernhards zwei söhne, der spätere Landesherr Simon V. (1511 - 1536) und der jüngere Bernd, werden etwa in Reinekes Alter gewesen sein. Jedenfalls waren Reineke und Simon lebenslang Freunde.
Am 17. Mai 1502 wurde Reineke de Wend von Bernhard VII. mit den folgenden Burgsitzen belehnt: Dem Steinwerk derer von Callendorp, dem Burglehen derer von Post, mit dem, welches die Wenden seit langer Zeit gehabt sowie auch mit den den Burgsitzen der übrigen einstigen Burgmannsfamilien, wie alles dieses Gut schon sein Großvater Friedrich de Wend in Besitz gehabt hatte.
Reineke de Wend war ein gewandter und energischer Mann, der in wenigen Jahren den Besitz seiner Väter durch Käufe und Verträge noch bedeutend erweitern konnte. Am 21. März 1510 verpfändeten ihm die lippischen Herren für eine Schuld von 3366 Goldgulden ihr ganzes Schloß zu Varenholz mit allem Zubehör. Und am gleichen Tage vereinbarte der 81 jährige Edelherr Bernhard VII. mit dem jungen
Reineke de Wend, daß dann, wenn Reineke während der Varenholzer Pfandschaft sterben sollte, all sein Gut in Varenholz und in den Kirchspielen Langenholzhausen, Hohenhausen, Lüdenhausen und Talle zu einem Drittel an Bernhard fallen, wofür dieser dann zwei Drittel an Reinekes Erben zahlen solle.
Nun, Bernhard starb schon im nächsten Jahre, Reineke aber vermählte sich mit Margarete von Saldern, der Tochter eines vermögenden und einflußreichen niedersächsischen Adelsgeschlechts, welches auch Reinekes größten Lehensherren, den Herzögen von Sachsen-Lauenburg, nahestand. Aus der Ehe ging nur ein Sohn her
vor, dem der Landesherr Simon V. den Namen gab. Der neue Herr ernannte Reineke zu seinem Landdrosten, der höchsten “Würde, die er vergeben konnte, und zum amtlichen Vertreter der lippischen Ritterschaft und verschaffte ihm dadurch den größten Einfluß im Lande. In jenen bewegten Jahren, als nach Luthers erstem reformatorischen Auftreten und nach dem großen Reichstag zu Worms (1521) sich die neue Lehre auch in Lemgo ausbreitete, als religiöse und soziale Fragen die Menschen erregte, Graf Simon aber treu am alten Glauben festhielt und vor allem alle Unordnung ihm verhaßt war, da hat er an seinem Landdrosten und Freund Reineke de Wend eine feste Stütze gehabt.
Doch in seinem nordlippischen Machtbereich schaltete Reineke ganz nach eigenem Ermessen. Neben dem Schlosse hatte sich schon um 1500 eine kleine Siedlung von 14 Familien in kleinen Häuschen gebildet, die sich an den Burgberg anschmiegten. Meist lippische Dienstleute waren es. Sie wohnten im Schutze der Burg und waren von einem Hagen, einer dichten Hecke umschlossen. Es war ein erster Ansatz
zu dem späteren Flecken Varenholz. Doch zur größeren Sicherheit des Schlosses ließ Reineke den Hagen abhauen und die Siedlung beseitigen. Auch an anderer Stelle konnte Reineke, wie sein Großvater, Härte zeigen. So hat er bisher freie Bauern in Brosen unter seine Botmäßigkeit gezwungen.
Seiner Kirche zu Langenholzhausen ist er jedoch stets ein leutseliger und gebefreudiger Herr gewesen. In meiner Langenholzhauser
Kirchengeschichte wurde eingehend darüber berichtet. Ich kann hier darauf verweisen, da das im vorigen Jahre erschienene Buch ja noch im Dorfe bekannt ist und das dortige Kapitel "Reineke de Wend und seine Zeit" zur Ergänzung dieser Darstellung herangezogen werden kann.
Es muß hier noch auf die große Siedlungstätigkeit hingewiesen werden, welche Reineke de Wend in seinem nordlippischen Gebiet geleistet hat. Die Bevölkerungszahl hat sich in unseren Dörfern damals stark vermehrt. So gab es denn manche jungen Bauernsöhne, die gerne ihre ganze Arbeitskraft einsetzten, um einen neuen Hof zu bekommen. Die Abgaben und Dienste für den Grundherren, die ja erst nach der vollen Urbarmachung und Einrichtung des Hofes begannen, wollten sie gerne leisten. Zwei neue kleine Bauerndörfer sind damals entstanden: Faulensiek und Echternhagen. Auch in Obernkalldorf ist sehr stark gesiedelt worden, hatte das Dorf im Jahre 1507 außer dem freien Hof in Niedernkalldorf doch erst 7 Kolonate, im Jahre 1535 aber bereits 12, von denen nur 4 alte Inhaber hatten. In der Langenholzhauser Gemarkung hat Reineke den Rottacker am Kirchberge und die Grabenbrede (Grafenbreite) am Habichtsberge roden lassen.
Bei den Bauern seiner Dörfer genoß Reineke zumeist Achtung und Vertrauen. Nach dem Gottesdienste, auch in den anderen seiner Kirchspielen, ließ er sie von Zeit zu Zeit zusammentreten und besprach mit ihnen die öffentlichen Angelegenheiten. Auch in der Stadt Lemgo, wo sein Geschlecht seit der Gründung der Stadt beheimatet war, hat Reineke als guter Bürger und Wohltäter gehandelt. Im Jahre 1519, beim Bau der großen Bastion am Neuen Tore, hat er 300 Fuder Bausteine anfahren lassen. Seine beiden außerehelichen Kinder hat er ebenfalls gut versorgt. Im Jahre 1534 ist er gestorben. An seinem schönen Denkstein in unserer Kirche hat man später leider, wohl, weil das beim Aufgang zur Kanzel nicht
anders paßte, die linke Schriftseite, auf welcher sein Sterbetag und sein Alter stand, fortgehauen. Sein würdig männliches Gesicht spricht uns recht heimatlich an.
Reinekes und Margeretens einziger Sohn, Simon de Wend, war 1513 in Schloß Varenholz geboren und trat im Alter von 21 Jahren das Erbe seiner Väter an. Reich begabt und gut gebildet, voll Mannhaftigkeit, Treue und Gemütstiefe, so steht er als markige Gestalt unserer nordlippischen Heimat an der Schwelle einer neuen Zeit. Nur kurz war sein Leben, doch es ist mit der Geschichte unseres Lipperlandes eng verbunden. Ein besonderes Denkmal schuf er sich mit dem Ausbau des Varenholzer Schlosses, wo er im Jahre 1541 das Mittelstück der Vorderfront im gotischen Stil erbauen ließ. In den letzten Jahrzehnten ist dort drinnen ja Vieles verändert, aber vorm ersten Weltkriege war der große Festsaal im Oberstock noch in seiner alten Gestalt zu sehen. In kleinen ausgebauten Nischen hatte man dort auch den Bedürfnissen einer großen Zecherei bequem und ungeschminkt Rechnung getragen.
Wie sein Vater und sein Urgroßvater war auch Simon sehr auf die Erweiterung und die Abrundung seines Grundbesitzes bedacht. Um dem Streit mit dem Kloster Möllenbeck wegen der Gemarkung Stocke den Boden zu entziehen, griff er 1537 die alte Urkunde der Tecklenburger vom Jahre 1245 wieder auf und erwarb vom Grafen Kord
von Tecklenburg alles Eigentum, was dieser und seine Vorfahren am Gute zu Stockem Kirchspiel Langenholzhausen gehabt hatten. In den Jahren 1538 und 1539 tauschte er Güter bei Talle und Höfe in Bentorf gegen Besitzungen in Heidenoldendorf. Im Jahre 1543 traten ihm die Herren von Zerssen ihr Burglehen zur Varenholz ab. In den Jahren 1544 und 1545 kaufte er Höfe zu Brosen und Hohenhausen sowie Äcker und Wald bei Niedermeien. Der alte Traum seiner Väter,
das ganze Gebiet zwischen Weser und- Bega in Wendsche Hand zu bringen, lebte auch in ihm, wenn er auch, wie sein Vater, die lippische Landeshoheit nie angetastet hat.
Denn die Hauptkraft seiner Mannesjahre hat Simon de Wend doch seinem Lande und dessen jungem Herrn, dem Grafen Bernhard VIII. (1536 - 1563) gegeben. Als Mitglied des lippischen Regentschaftsrates während der Minderjährigkeit des jungen Grafen ist er für des Landes Wohl unermüdlich tätig gewesen. Über seinen Einsatz für die Reformation in Lippe s. meinen Beitrag zur Langenholzhauser Kirchengeschichte. Vom "geharnischten Reichstage zu Augsburg", wo er als Lippes Gesandter nach schwerem Ringen aus der Hand des Kaisers Karl V. das Gnadendiplom für unser Land empfing, kehrte er krank zurück. Kurz vor seinem Ende, am 12. Juni 1548, schrieb er, in Besorgnis um seine Mutter, noch an Graf Bernhard:
„Juwen Gnaden mag ich underthenig nicht fürenthalten, dat ick leider in groter haher und schwerher Krankheit ligge alß dat ick mich des tritlichen afganges vermoden moth. Demna gelanget an Juwe Gnaden myne underthenig dientlich fleißige bitt, J.Gn. umb getreuer dienste willen, die mein sallige Vader auch Ick J.cn. Grewvader, J.Gn. Vader und J.Gn. gethan, de thugentsame meine hertfruntlichen leuwen Meumen mit den Borchlenen to Vorenholte, den houwen tho Welstorpe und mit dem Sültehowe aus Goaden belifftuchtigen willen ... I. en. ganz willige Simon de Wendt.
min eigen handt."
Nach am gleichen Tage ist Simon de Wend als Letzter seiner Familie gestorben, erst 35 Jahre alt. Neben seinem Vater fand er im Chor unserer Kirche sein Grab.
Simon de Wends kinderloses Abscheiden war für den lippischen Grafen ein großer Glücksfall, sollte doch nach altem Recht das riesige Erbe dem Landesherrn anheimfallen. Graf Bernhard VIII. schickte auch gleich seinen Drost Christoph von Donop nach Varenholz, um Schloß und Amt mit Beschlag zu belegen. Die Belehnung mit den Lauenburger und Mindener Lehnsgütern wurde eingeholt,
und ein neues, straffes Regiment wurde in unseren Dörfern bemerkbar.
Doch Simons Mutter, Margarethe de Wend, ließ sich nicht so einfach beiseite schieben. Gestützt auf ihre einflußreichen Saldernschen Verwandten, verteidigte sie ihr Recht an dem großen Eigenbesitz der Wends, und als gütliche Verhandlungen nicht zum Ziele führten, wandte sie sich an den Kaiser und bat ihn um Schutz gegen die Übergriffe des Lippischen Drosten von Donop. Darauf erging am 06. Juni 1550 ein Kaiserliches Mandat, in welchem dem Drost anbefohlen
wurde, sich jeglicher Übergriffe zu enthalten und die Wittib Margarethe de Wend als Erbin ihres Sohnes im ungeschmälerten Besitz ihrer Güter zu belassen.
Nun mußte verhandelt werden. In umfangreichen Eingaben suchten die Gegner, vor dem eingesetzten fürstlichen Schiedsgericht ihre Besitzrechte nachzuweisen. Doch war es weder für die damaligen Richter noch ist es für den heutigen Forscher möglich, genau festzustellen, was in der riesigen Gütermasse nun Wendsches Eigentum oder was Lehnsgut war. So zogen sich die Verhandlungen des Schiedsgerichts durch die Jahre dahin und die Witwe de Wend lebte noch 12 1/2 Jahre im Besitz der von ihre beanspruchten Güter auf Schloß Varenholz.
Im Januar 1561 ist sie, 77 Jahre alt, gestorben und wurde neben Gatten und Sohn in unserer Kirche beigesetzt. Im Jahre 1563 haben sich dann die Lipper mit den Wendschen Erben dahin geeinigt, daß der Herr Graf zur Lippe den Erben 100 000 Taler zahlte und damit Alleinerbe des gesamten Wendschen Nachlasses wurde. Als jedoch am 16. Dezember 1563 zu Hameln der feierliche Vertragsschluß statt-
fand, war Graf Bernhard VIII. schon nicht mehr dabei. Sehnsüchtig hatte er auf diesen Abschluß gewartet, waren doch die Schulden des gräflichen Hauses "zu einer kaum vorstellbaren Höhe angewachsen".
Am 15. April 1563 war er gestorben, erst 36 Jahre alt. Sein Sohn Simon VI. vollendete am gleichen Tage sein 9. Lebensjahr. Zu der Abzahlung der 100 000 Taler haben die Nordlipper, für welche der Landesherr ja nun auch der Gutsherr geworden war, tüchtig mitzahlen müssen.
Denn es begann hier nun ein ganz neues Regiment. Der persönliche Kontakt zwischen dem Gutsherrn und seinen eigenbehörigen Bauern war dahin. Die gräflichen Beamten hatten nun das Sagen in unseren Dörfern, der Drost, der Amtmann, der Amtsschreiber, der Vogt und der Bauerrichter. Kirchenordnung und Polizeiordnung redeten eine harte Sprache, der Gograf sparte an den Gerichtstagen nicht mit empfindlichen Strafen, die Abgaben und Dienste stiegen oft bis zur Unerträglichkeit. Die alte besinnliche Zeit war endgültig dahin.
3. Das neue Regiment im wachsenden Dorf
(1563 - 1618)
Schon gleich nach Simon de Wends Tode im Jahre 1548 hatte die neue
lippische Ordnung in unsern nordlippischen Dörfern eingesetzt. Der
Varenholzer Drost Christoph von Donop setzte alles dran, mehr
Schwung in die Verwaltung zu bringen. Die gräflichen Beamten
meinten, von den Wends sei die Steuerkraft der Bauern bei weitem
nicht ausgenutzt worden, und auch mit den Diensten seien sie viel
zu gut weggekommen. Das müsse anders werden. Nach und nach sollten
die Abgaben und Frondienste aller Kolonate neu festgesetzt werden.
Die Leute beklagten sich bei ihrer alten Gutsherrin Margarethe de
Wend, und diese beschwerte sich beim Kaiser, daß der lippische
Drost "ihren armen Leute in Stemmen, Erder, Langenholzhausen,
Kalldorf und Faulensiek einen neuen Dienst auferlegt habe, ‘welchen
er den Artdienst nennt, acht Tage im Jahr, wann es seiner Gnaden
gelegen, mit Pferden und Wagen zu dienen". Der Graf ließ daraufhin
antworten, der Artdienst sei keine Neuerung, er werde von allen
lippischen Untertanen geleistet.
Aus der auf Seite 7/8 zitierten Urkunde vom Jahre 1368 erfuhren
wir, wie gering damals die Abgaben und Dienste der lippischen
Untertanen gewesen waren. Nun aber, 200 Jahre später, war das
Dienstverhältnis weit drückender geworden und wurde es immer mehr.
wir werden im Einzelnen noch davon hören. Der Neubau des .
Varenholzer Schlosses zwischen 1582 und 1598 hat den Nordlippern
manchen Schweißtropfen und manchen Taler gekostet. Aber es hat
mehrere Jahrzehnte gedauert, ehe die lippischen Beamten das 1563
_ gewonnene große Amt Varenholz richtig in Schwung gebracht hatten.
Im Jahre 1590 war das neue Salbuch des Amtes fertiggestellt, in
welchem alle Bauernhöfe und Kötterstätten mit ihren Bewohnern,
ihrem Hörigkeits- oder Freiheitsstand und ihren schuldigen Abgaben
und Diensten verzeichnet waren. Das Buch ist dann nochmals über-
arbeitet worden und liegt in seiner endgültigen Fassung vom Jahre
1618 vor. Die Angaben für Langenholzhausen siehe seite ...
Neben höheren Lasten hat die neue lippische Herrschaft aber auch
Fortschritte gebracht, vor anderen Orten hat Langenholzhausen den
Segen der neuen Zeit erfahren. Der Bau der Mühle im Jahre 1568,
die Renovierung der Kirche im Jahre 1570 und die Gründung der
Schule im Jahre 1571 sind bemerkenswerte Daten in der Geschichte |
unseres Dorfes. Über Kirche und Schule wurde bereits in "Beiträge
zur Geschichte der Kirche Langenholzhausen" 1975 und "Geschichte
der Volksschule Langenholzhausen'" 1958 berichtet. Die Geschichte
der Mühle habe ich im Lippischen Dorfkalender 1956 unter dem Ti-
tel: "Die Erbpachtmüller von Langenholzhausen" behandelt. Ich
weise auf diese Veröffentlichung hin.
Der Mühlenbau hat im Gesicht des Dorfes. eine große Veränderung
gebracht. Noch heute ist ja die alte Erbpachtmühle mit ihrem
schönen geschnitzten Fachwerkgiebel, dem dräuenden Löwenkopf über
dem Torbogen und dem prunkenden Wappenstein des Grafen Simons VI.
eine bemerkenswerte Sehenswürdigkeit unseres Dorfes. Der große
Lemgoer Baumeister Hermann Wulff ist am Bau der Mühle wesentlich
beteiligt gewesen. Doch wieviel Hand- und Spanndienste die Bewoh-
ner unseres Kirchenspiels geleistet haben mit Steinebrechen und
-fahren, mit dem Auswerfen des breiten Mühlengrabens und dem Auf-
werfen des mächtigen Dammes und mit allem sonstigen Drum und Dran,
das erzählt keine Chronik und kein Rechnungsbruch, mußte doch
alles umsonst getan werden für die gnädige Herrschaft.
Mühle und Mühlendamm sind damals mitten in kirchliches Gebiet
hineingebaut worden, waren doch Kirchhof und Pfarrhof mitsamt der
Küsterei ein geschlossenes Gebiet. Da, wo jetzt die Mühle mit
ihrem Stauwerk und ihrem Bachbett liegt, war vorher die Küsterei
mit Garten und Wiese. Schon Reineke de Wend hatte 1533 den Müh-
lenbau und die verlegung der Küsterei kalleaufwärts geplant an die
Stelle, wohin sie dann auch verlegt worden und bis 1802 geblieben
ist. Jetzt Stätte Nr. 100, Fritz Kater, An der Mühle 5.
Das ganze Werk des Mühlenbaues hat sicher mehrere Jahre gedauert,
und die Jahreszahl 1568 bedeutet nur das Jahr der Fertigstellung.
Ums Jahr 1900 hatte einmal ein Malersmann ein farbenfrohes Bild
der Mühle mit dem schäumenden Wasserfall und den vier großen
Mühlrädern drinnen an die Wand gemalt und darunter geschrieben:
"Mühle zu Langenholzhausen bin ich genannt,
Bin eine der größten am Kallestrand,
Und wer den Hals mir will vollzwingen,
Muß jeden Tag ein Fuder bringen. ”
Nun, für die Mahlgäste sorgte in alter Zeit der lippische. Graf;
denn alles Korn aus Stemmen und Varenholz, Faulensiek und
Langenholzhausen, Tevenhausen und Heidelbeck mußte zum Mahlen in.
die neue herrschaftliche Mühle gebracht werden. Die alte
Bültemühle in der Krämerstraße aber wurde geschlossen. Der alte
Müller Johann Rügge wird voll Groll auf den neuen Bau geblickt
haben; denn seit Jahrzehnten hatte er, wie schon seine Ahnen, für
die Langenholzhauser das Korn gemahlen. Nun aber stellte der Graf
fremde Mühlenknechte an. Es war ja auch kein Haus da für einen
Mühlenmeister, nur die Mühlenstube für den Müller. Darum hielt es
auch keiner von den fremden Gesellen lange hier aus. Schon damals
war das Wandern des Müllers Lust. Als aber 1586 die Mühle mal
wieder stille stand, meldete sich beim Amtmann der Mühlengeselle
und Zimmermann Hermann Rügge, der Sohn des alten Langenholzhauser
Müllers aus der Krämerstraße. Einen besseren Müller und Mühlen-
bauer zugleich hätte der Graf nicht finden können.
So hielt denn mit Hermann Rügge das alte Müllergeschlecht seinen
Einzug als gräflicher Erbpachtmüller. Er mußte der Rentkammer eine
hohe Pacht bezahlen, drum war er auch eifrig dahinterher, daß
keiner seiner Mahlgäste nach einer fremden Mühle ging. Das gräf-
liche Mühlenrecht ‚und der Mühlenzwang hielten ihm seine Kunden
zusammen.
Die Entwicklung des Dorfes Langenholzhausen im 16. Jahrhundert
läßt sich an Hand der sogenannten Landschatzregister ziemlich
genau verfolgen. Wenn der Landesherr wegen besonders hoher Aus-
gaben mit den Einnahmen aus seinen Gütern, Forsten und Gerechtsa-
men nicht auskam, so ließ er mit Zustimmung der Landstände (des
Adels und der Städte) einen sogenannten Landschatz ausschreiben,
eine Steuer, welche alle Hof- und Stätteinhaber traf. Die Namen
ri
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und. die Steuersumme wurden von den gräflichen Beamten in lange,
schmale Kladden eingetragen. Diese Landschatzregister sind heute
eine wichtige Quelle für die ältere Geschichte unserer Dörfer und
ihrer einzelnen Kolonate. Nachstehend wird die Zahl der in
Langenholzhausen zum Landschatz herangezogenen Kolonate angegeben:
1488 = 4 Kolonate
1507 = 16 Kolonate
1510 | = 17 Kolonate
1523/1525/1527 = 14 Kolonate
1535 = 17 Kolonate
1545 = 16 Kolonate
1554 = 20 Kolonate
1562 = 21 Kolonate
1568 = 26 Kolonate
1572 = 36 Kolonate
1590 = 42 Kolonate
1618 = 51 Kolonate
- Die. ziemliche Beständigkeit der Kolonatszahl. in den Jahren 1507
bis 1545 und der Anstieg von 1554 bis 1618 ist bemerkenswert. Zwar
ist in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in fast allen
lippischen Orten die Bevölkerung, gewachsen. Doch in
Langenholzhausen ist das Wachstum besonders stark gewesen. Das ist
wahrscheinlich auf das Bestreben des Simon VI. (1563 - 1613) zu-
rückzuführen, welcher durch Mühlen- und Schulbau offenbar
Langenholzhausen zu einem Zentralort im städtelosen Nordlippe
machen wollte. Vögte und Amtleute hatten im Dorf und im neu er-
bauten Gut Hellinghausen ihren Sitz. Den Garnhandel im ganzen Amt
hatte der Amtsvogt in Langenholzhausen in der Hand. Mehrere freie
Stadtleute gründeten hier Geschäfte.
Die Namen der Kolonate haben in der Zeit zwischen 1488 und. 1618
vielfach gewechselt, auch stehen sie nicht immer in der gleichen
Reihenfolge, und weil damals auch noch keine Hausnummer gebraucht.
wurden, mehrere Stätten später auch untergegangen sind, so ist es
nicht leicht, herauszufinden, um welche heute noch bestehenden
Stätten und Höfe es sich bei den in den Schatzregistern angege-
benen Namen jeweils handelt. Irrtümer in der nachfolgenden Liste
können daher trotz häufiger Überprüfung nicht ausgeschlossen wer-
den.
Nr. 1 Meier-Böke
Bremer Str. 10.
1488 . ..... Jacob Hanke
1507 Jorden
1510 - 1572 Hans Hancke i
1590. Johann Hancke
1618 ‚Johann Sandermann
Nr. 2 Rüggemeier
Hauptstr. 7 . .
1488 . Hinrich Rugge
1507 - 1562 Hermann Rugge
1568 - 1590 Ludeke Rugge
1618 Johann Rügge
Nr. 3 (Flörkemeier, Gustav)*
Gem. Kalletal, Bremer Str. 8
1488 - 1527 wilhelm Rugge
1535 - 1562 Eilbracht Rugge
1568 - 1572 Thonies Eilbracht
1590 Thonies Tilbeke
1618 Berndt Elebracht
Nr. 4 (Flörkemeier, Hans-Otto)*
Wasserstraße A.
1507 - 1527 Cort Rugge
1535 - 1572 Hermann Heldt
1590 Johann Heldt
1618 Hans Heldt
Nr. 5 Höfer
Habichtsberger Str. 10
1488 - 1527 Ludeke Hover
1535 - 1562 De grote Clauwers
1565 - 1572 Clawes Hover
1590 Hermann Hover
16138 Hinrich Hover
Nr. 6 Kreinjobst, Erhard
Heidelbecker Str. 9
1507 - 1527 Nolte im Dyke
1535 - 1562 Cort Manether
1565 - 1572 Jurgen Diekmann
1590 Hans Rugge
‚1618 u Johann 'Sake
Nr. 7 (Brandsmeier) a“
Hauptstr. 19
1507 Heirde Hermann
1510 Hans Brand
1535 - 1562 De lutteke Hans
1568 - 1530 Henrich Brandt
1618 Simon Brandt
Nr. 8 Kreinjobst, Fritz
Wasserstr. 1 | |
1507 - 1527 Johann Meiger
1535 Johann Reyneken
1545 - 1562 Johann Ernstinck
1568 - 1590 Jürgen Ernsting
16138 . Hinrich Heldt
Nr. 9 Sandermann
Heidelbecker Str. 19
1507 - 1527 Ludeke Peppersack ö
1535 \ Henrick Ploichslech
1545 - 1565 Johann Plosick.
1568 - 1590 Johann Sandermann
1613 Ludeke Sandermann
Nr. 10 Hieronymus _
Habichtsberger Str. 12 *
1507 - 1510 Berndt Boke
| 1523 - 1527 Cort Corff
ä 1535 - 1572 Karsten Krumme
1590 - 1618 Johann Krumme
*) Nr. 4: Das Kolonat wurde um 1930 mit dem Kolonat Nr. 16
vereinigt und unter dieser Nr. auf die neue Hofstatt
Heidelbecker Str. 26 verlegt. |
_ Nr.: 3: Die Hofstatt ist um 1965 unter Nr. 293 nach Wallreckte
. . 24 verlegt. Besitzer der alten Hofstatt: Gemeinde
. Kalletal. _ | |
Nr. 7: Die Hofstatt ist um 1955 unter Nr. 192 nach Bruchstr. 4
verlegt. Besitzer der alten Hofstatt: Linneweber, Hch.
jun.
Nr. 10: Das Kolonat lag bis etwa 1630 an der Ecke, Habichts-
| berger Straße - Krämerstraße
Nr. 11 Nagelsmeier
Hauptstraße 6 _
1507 Johan Molner
1510 - 1527 Droge Arnt
1535 _ Cort Nagell
1545 - 1572 Hans Nagell
2 1590 Hermann Hornemann
- | 1618 Tileke Hornemann
Nr. 12 Helmingsmeier
u Habichtsberger Str. 6.
= 1507 - 1545 Hermann Hancke:
1554 - 1565 Henrich Hancke
\ 1568 - 1572 Nolte Hancke
” 1590 - 1618 Hermann Hancke
Der Brinkhof (Rreinhof)
1675 aufgeteilt in die Kolonate
Nr. 13, 14, 17, 18
1507 " "Brink Berndes wiff
\ 1510 - 1527 Henrick Reynekinck
® 1535. Clauwes Reynekinck
1545 - 1565 Johann Reynekenn
1568 - 1572 Nolte upm Brincke
1590 Hans ufm Brink
1618 2 Hinrich Kreiemeier
Der Grabenbrederhof (Hankenhof)
°“ Um 1530 gegründet, 1680 aufgeteilt
i in die Kolonate 33, 44, 49, 33, 54,
57, 62 u. 63
1535 Henrich Hancke
1545 | Hermann Hancke
1554 - 1565 Ludeke Hancke
1568 - 1618 Henrich Hancke
Nr. 15 Steffensmeier
Wasserstraße 10 u
1555 - 1572 Engelke Steinmeiger
1590 - 1618 Dietrich Steinmeier
Nr. 16 Flörkemeier, Hans-Otto
Alte Hofstatt: Habichtsberger Str. 16/18
Neue Hofstatt: Heidelbecker Str. 26°
1555 - 1618 Hans Hanke daroben
Nr. 19 Büscher
Buschtrifte 1
1554 - 1572 Tonies Hanke
1590 - 1618 Busch Nolte
Nr. 20 Humke
‚Alte Hofstatt: Krämerstraße 7, 9, 11
Neue Hofstatt: Bruchstr. 1
1507 - 1527 De Molner
1554 - 1572 Johann Rugge
1590 Hermann Rugge
1618 . Thonies Rügge u
Nr. 21 Kleinschmidt, Maria
Bremer Str. 9
1507 - 1510 Bernt Boke
1568 - 1572 Johann Boke
1590 - 1618 Marten Böke
Nr. 22 Reuter
Hauptstr. 21 2 Zn
1590 Jurgen Lhuman
1618 Hermen Schalk
Nr. 23 Brandsmeier, Alwine
Heidelbecker Str. 17 Bu
1507 - 1565 Ludeke Meiger
1572 Thonies Meiger
1590 Engelke Bünte
1618 Arndt Meyer
Nr. 24 Pönningshaus, Anna
Krämerstr. 1
1568/72 Tropenhagen
1590 Tropenhagensche
1618 Arndt
Fraphagen
Nr. 25 Brink
Hauptstr. 15 nn | |
1572 - 1618 Ernst Hancke
Nr. 26 Grewe
Haupstr. 37 | nn
1572 des Schmedts Haus
1590 Steffen Schmidt
1618 Steffen Schmedt
8
3
ee
Nr. 27 Linnewerber, Heinr.
Bremer Str. 3 =
1507 Peter Schroder.
1535 - 1565 Wessel Scroder
1572 Ä de Scrodersche
1590 ° Hans Schroder
1618 Hans Schroider
a
Die folgenden Kleinkötterkolonate ab Nr. 28 sind in den Land-
schatzregistern nicht mit Sicherheit festzustellen. Es wird jedoch
auf die nachfolgenden Auszüge aus dem Salbuch von 1614 verwiesen.
Eine weit genauere Quelle als die Landschatzregister ist das
Salbuch des Amtes Varenholz vom Jahre 1614. Ein Abdruck erschien
1969 in Band 3 der Sammlung "Lippische Geschichtsquellen". Die
wichtigsten Angaben des Salbuchs sind in der nachstehenden Über-
sicht enthalten, und zwar ‚unter:
Name der Kolonatsinhaber im Jahre 1614
ob leibeigen (e) oder leibfrei (£f)
Kolonatsgröße in Morgen (1 Mg = 1/4 ha) nu
Kornabgaben in Himten (1 Ht = 2/3 Scheffel). Die Abgaben waren
meist 1/4 Rogen, 1/4 Gerste, 1/2 Hafer
Geldabgaben in Taler und Groschen (1 Taler = 36 Groschen).
Die Abgaben hießen Michaelisschatz und Burgfest-
geld 2,18 = 2 Taler 18 Groschen
6 = jährliche Frondiensttage einschließlich 3 Burgfesttage, Meier
_ und Halbspänner mit Pferden; Kötter
leisteten Handdienste
7 = heutige Kolonatsnummer und Straßenbezeichnung
1 BWVr
KIM N
1 2 3 a 5 6 Tr 7b .
Name e/[£f Mg Ht T.Gr. To. Nr. Str. u. Hausnummer
Meier on rn
Heinr. Hancke e 70.53 2.18 92 1680 aufgeteilt.
Heinr. Hover e 60 49 2.18 92 5 Habichtsberger Str. 10
Hans Helt e 60 4 2.18 92 A Wasserstr. 4
Heinr.Kreimeier e 50 34 2.18 92 1675 aufgeteilt
Berndt Elebrchtt e 60 47 2.18 2 _ 3 Bremerstr. 8
Johann Rugge e 60 53 2.18 92 2 Hauptstr. 7
Hans Saeck e 50 38 2.18 92 6 _ Heidelbecker Str. 9
Johan Sandermann e 70 55: 2.18 9 1 Bremerstr. 10
Halbspänner | . nn |
Simon Brandt f 40 28 1.27 47 7 Hauptstr. 19
Hermann Hancke .e 40 28 1.27 47 12 Habichtsberger Str. 6
Henrich Heldt e 40 53 21.27 47 8 Wasserstr. 1
Ludiche Sandermann e 46 37 21.27 47 9 .Heidelbecker Str. 19
Hermann Krumme e 50 36 1.27 47 10 Krämerstr. 8 on
Tileke Hornman e 50 36 1.27 47 11 Hauptstr. 6
Großkötter . = | Zu 2.
Hans Hancke e 30 24 1.5 55 16 Habichtsberger Str. 16/18
Steffen Steinmeier e 20 16 1.5 55 15 Wasserstr. 10 .
Arndt Meier e 10.7 .-.31 29 23 Heidelbecker Str. 17
Nolte Hancke ee 12 11 -.31 29 19 Buschtrifte 1
Tonies Rugge e 14 7 -.31 29 20 Krämerstr. 7, 9, 11
4:
“
®
Marten oick e 10 9 -.31 29 21 Bremerstr. 9
Mittelkötter
Hermann Schalck f 15 21 -.27 10 22 Haupstr. 21
Arndt Traphagen f 4 4 -.18 10 24 Krämerstr. 1
Steffen Schmett e 6 6 -.13 DD 26 Hauptstr. 37
Ernst Hancke e 3 4 -.18 10 25 Hauptstr. 15
Hans Schroider e 2.3. -.18 10 27 _Bremerstr. 3
Barthold Schneider f 3 3 -.9 10 .
Wilh. Schaffer Ww. e - - -.9 10 40 Krämerstr. 3
Straßenkötter 5 | |
Hans Knoip f 3 4 -.9 120 28 Krämerstr. 5
Hermann Hoiver ee. [| [ .- 0.0.0 = 0.-,.9 10 30 Habichtsberger Str. 31
Ludiche Schwein e 1/2 - -.133 10 29 Habichtsberger Str. 7
Ludiche Kramer e- - 0000-0. -,9 10 47 Haupstr. 8 | |
Kleine Kötter
Johann Frevert e - - -.9 10
Hans Ernstingh e - - -.9 10. 46 Habichtsberger Str. 33
Frantz Elibracht e - - -.% 10 31 Hauptstr. 31
Busch Nolten nn |
Kottstätte e - - -.9 10 39 Habichtsberger Str. 16
Cordt Stumpf e - - -.9 10 34 Habichtsberger Str. 1
Curdt Kortzemeier e - - -,9 10 32 Steinweg 3
Engelke Hanck e - - -,.,9 10 33 Wasserstr. 12
Curdt Greffe e - - -.9 10 36 Krämerstr. 13
Hans Stumpf e - - -.9 10 35 Haupstr. 18
Friedr. Scheffer e - - .-.9 10 42 Heidelbecker Str.
= 0... (abgebrochen)
Tonnies Kuisterr f 1 - -.12 10 37 Wasserstr. 8
Wilhelm Schwenn e - - -.9 10. 2. Ä
Johann Hancke e - - -.9 10 43 Heidelbecker Str. 3
Engelke Reineking e - - -,.9 10 38 Kreinhof 2
Peter Holtzkamp e - - -.9 10 52 Haupstr. 35
Hans Krumme e - - -.9 10 57 Krämerstr. 2
Jurgen Kock e - - -,9 10 56 Habichtsberger Str. 47
Berndt Luhemanın e - - -.9 20 45 Krämerstr. 15
Hermann Wordtmann e - - -.9 10 44 Hauptstr. 13
Hermann Hancke e - - -.9 10 63 Hauptstr. 33
Nachtrag: Johann von Bexstein, jetzo Berendt wistinghausen, ist
frey. Hat ungefehr 16 Morgen Landes, einen Garten und zu 3 Kuhen
die Weise. Hat bei der Stette den Krug zu Langenholzhausen und den
Garnkauf im Ambte Varenholtz. Gibt dem Kruge die gewöhnliche
Dranksteuer und Bieraccise. Vom Garnkauf gibt er jährlich 5
Reichsthaler nach Vornholte. Ist dienst- und zum Teil schatzfrey.
Berndt Wistinghausen kam im Jahre 1615 als einflußreicher und
vermögender Mann nach Langenholzhausen. Vom Grafen Simon VII.
(1613 - 1627) hatte er die folgende Urkunde erhalten:
"Wir, Simon, Graf und Edler Herr zur Lippe thun hiemit für Uns und |
Unsere Erben kund und bekennen, als der Ehrbare, Unser lieber und
getreuer Berndt Wistinghausen von den Erben weiland Johanns von
Bexten dessen. hinterlassenes Haus, Hof, Scheuern, Garten, Kämpe,
Länderei und anders in und vor Unserm Dorf Langenholzhausen bele-
gen, für sich, seine eheliche Hausfrauen, Kinder und Erben erkauft
und an sich gebracht und Uns unterthänig angelanget, zu Fortset-
zung seiner Haushaltung und Nahrung den Krug und Wirtschaft, wie
auch den Garnkauf in Unserm Amt Varnholtz gnädig zu bewilligen,
mit dem Erbieten, sich aller Gebühr nach gegen Uns und männiglich
zu verhalten. Daß Wir derhalben solche seine unterthänige Bitte
angesehen und ihn damit Zeit seines und seiner Hausfrauen Lebens
aus Gnaden versehen, dergestalt, daß er des Kruges Wirtschaft,
Kaufens und Verkaufens von Garn und anderer Ware sich frei und ohn
jemands Beschwerung oder Eintrag soll haben zu gebrauchen und, wie
einem treuen Unterthanen gebühre, sich dabei zu verhalten, daneben
jährlichs für den Garnkauf fünf Reichsthaler in Unser Amt
Varnholtz wie dann auch wegen des Krugs die gewöhnliche Trank-
steuer zu bezahlen und auszurichten. Inmaßen Wir deshalb von ihm
einen gewöhnlichen Weinkauf empfangen und Wir dabei gnädig ver-
sprochen, wann vorgedachter Wistinghausen und seine Hausfrauen
Tods verstorben seien, daß alsdann einer aus dessen Kindern um
gewöhnlichen Weinkauf für jemand anders zu Wirtschaft, Krug und
Garnkauf soll verstattet werden.
Des zur 'Urkund haben Wir diesen Brief mit Unserm unterschrift-
lichen Handzeichen und Petschaft versehen:
In dato 25. August 1615 | Simon Graf u.E.H.z. ‚L"
Aber bereits. im nächsten Jahre klagte Wistinghausen am | Gogerichte:
Obwohl ihm vom Gnädigen Herrn der Krug zu Langenholzhausen allein
ingetan, sich doch Hermann Schalk des Krugens mit anmaße und nicht
unterlassen wolle. Schalk jedoch berief sich auf den alten Be-
sitzstand, nach welchem seine Frau vorher den Krug beweinkauft
habe. Ferner klagte Wistinghausen, daß ihm Hermann Wehrmann im
Garnkauf Schaden tue und daß falsche Haspel im Amte seien, wodurch
er zu Schaden komme. |
Wistinghausen - war also anscheinend in fremde Gerechtigkeiten ein-
gedrungen. Doch auch damals galt schon das Wort: "Wer gut
schmiert, der gut fährt!" Die Streitfälle wurden dem Grafen zur
Entscheidung vorgelegt, und am nächsten Gerichtstag erging der
Bescheid:
"ES soll Wistinghausen bei seinem erlangten Privilegio und Frei-
heit der Wirtschaft manutenirt und vertedingt werden, zu dem Ende
Hermann Schalk bei poen von 50 Thlr geboten werden, des
Bierbrauens und Krugens sich gänzlich zu äußern. Die fremden und
eingesessenen Garnkäufer, so oft sie betroffen, sollen 5 Thlr
Strafe geben und sonsten ein gemein Haspelmaß ermelten
Wistinghausen und den Bauerrichtern zugestellt, die falschen Has-
pel sollen zerbro und der gerechte und billige Wert des Garns soll
steif gehalten werden. Die Übertreter aber. sollen mit 3 Thlr
Strafe belegt werden. " 5
In den nächsten Jahren ist Berndt Wistinghausen auch Amtsvogt
geworden und hat während des Dreißigjährigen Krieges eine große
Gewalt im Dorfe gehabt. Die Mittelkötterstätte des Hermann Schalk
(Nr. 22, Haupstr. 21) hat er an sich gebracht und seinem Sohne
Johann vererbt, während sein Sohn Berndt wieder Amtsvogt, Krüger
und Garnhändler wurde. Etwa 175 Jahre, bis gegen Ende des 18.
Jahrhunderts, haben die wistinghausens in Langenholzhausen gelebt,
der eine Zweig als Amtsvögte und Krüger, der andere als Bauern.
Im Jahre 1712 brannte der. Krug ab, und der Vogt Franz Henrich
Wistinghausen ließ jenes schöne Krughaus wieder aufbauen, dessen
geschnitzte Galerie im Obergeschoß der breiten Diele sowie der
schöne Torbogen über dem Eingang am "Gasthof zur Rose" eine Zierde
des Dorfes waren. Vor einigen Jahren hat dies alte Haus einem
repräsantiven Neubau weichen müssen, doch wollen wir die alte
Inschrift, welche leider nicht erhalten werden konnte, hier folgen
lassen: |
MDCCXII IST DIES HAUS ner DEN 31.JULY UND IM SEPTEMBER
HABEN ES WIEDER AUFBAUEN LASSEN F.H. WISTINGHAUSEN UND S.L.
DETERINGS.PS.LXVII.V.20. GELOBT SEY DER HERR TAEGLICH. GOTT LEGET
UNS EINE LAST AUF ABER ER HILFET UNS AUCH. SELA.
Eine schön geschnitzte fünfblättrige Doppelrose und ein sieben-
strahliger Doppelstern standen neben dem Spruch.
Berndt Wistinghausen war nicht der erste Vogt in Langenholzhausen.
Schon Graf Bernhard VIII. (1536 -- 1563) hatte den Vogt Johann
Luhmann hier eingesetzt. Er hatte eine Hofstatt am damaligen
Dorfrande, am Wege nach Varenholz hinter dem Hofe Brandsmeier,
erhalten. Es ist der frühere Hof Brandt Nr. 22, jetzt Reuter,
Hauptstr. 21. Der Graf hatte seinen ‚Vogt auch "mit einem sehr
stattlichen Ort Landes" aus der gemeinsamen Hude des Dorfes ver-.
sehen. Es ist der "alte Kamp" am Pferdebruche. Doch im Jahre 1575
beschwerten sich die Langenholzhauser und Stemmer beim Grafen
Simon VI. (1563 - 1613), daß der Vogt gegen ihren Willen "vermeh-
ret und größer gemachet". Und nun hätten sie erfahren, daß ge-
dachter Vogt "mit noch einem sehr stattlichen Ort Landes aus un-
serer Weide, die wir und unsere Voreltern von alters hero und über
Menschengedenken in ruhiglicher Possession gehabt, sollte
gnädiglich versehen sein". Der Vogt habe bereits viel Länderei,
"die wir armen Leute ihm über Euer Gnaden pflichtige Dienste, die
wir derselben billig und gerne leisten, ihm über unser Vermögen
ihm müssen bearbeiten". Sie bitten den Grafen, zu befehlen, "daß
solcher Vogt, der sich an uns armen Leuten wohl rächen kann, an
uns sich nicht möge vergreifen Far | |
Nun, die Vögte Luhmann, Bexten und Wistinghausen, welche nachein- .
ander in Langenholzhausen tätig waren, haben trotz aller Proteste
allmählich ansehnlichen Landbesitz erworben. Fast alles Land,
welches bis zur Flurbereinigung zum Hofe Brandt Nr. 22 gehörte,
war ehemaliges Vogtland. Während des Dreißigjährigen Krieges und
danach haben die wistinghausens viel Land am | Kirchberge an sich
gebracht.
Um die alten Gerechtsame der Langenholzhauser, Stemmer und
Tevenhauser am Langenholzhauser Holz sind bis in unser Jahrhundert
hinein heftige Streitigkeiten mit der herrschaftlichen Verwaltung
gewesen. In den ersten Jahrzehnten der lippischen Herrschaft hier
sprachen die Ortschaften wiederholt die Bitte aus, "uns bei aller
Gerechtigkeit und Gebrauch, wie wir dieselben bei Zeiten der Wende
gehabt, gnädiglich und ruhiglich zu lassen". Die Kalldorfer und
®
Erderschen Einwohner, welche in den dortigen Gehölzen die gleichen
Berechtigungen besaßen, führten den gleichen Kampf. Im Januar 1587
brachte der Amtmann Friedrich zur Stroidt auf Befehl des Grafen
Simon VI. mit den Altersleuten und Vorstehern dieser fünf Ort-
schaften einen Vergleich zustande, zu welchem er berichtet:
"Wiewohl Eure Gnaden Gehölzer, nämlich Bramberg, Pferdebruch,.
Wierichsberg, Stöckerholz, Erder und Calldorfer Holz, in welchen
sie sich freier Feuerung und Mastung zu haben fürgegeben. Euer
Gnaden mit allen ihren Nutzbarlichkeiten eigentümlich zuständig,
dieselben mit einer großen und namhaften Summe Geldes von weiland
den Wendischen Erben an sich gebracht und dahero in denselben
niemand einige Gerechtigkeit gestehen können - wie dann
obgemeldter Dorfschaften Eingesessene, E.G. Untertanen, selber
gestehen müssen - gräflichem vatterlichen und christlichen Gemüt
in Gnaden nachgeben, daß ihnen durch E.G. beeidigten Holzfürster
und dazu bestellte Diener nicht allein in ziemlicher Maßen wider-
ruflich Feurholz angewiesen, sondern auch in Mastzeiten dieselben
Gehölze neben E.G. Sweinen auch mit ihren eigenen Sweinen betrei-
ben und derselben mitgenießen sollen. Und dafür E.G. nicht mehr
dann von jedem Fuder Brennholz zweien Groschen, vor notdürftig
Bauholz aber die Gebühr, und von jedem ufgetriebenen Mastschweine
auch zwei Groschen zur Urkund geben..."
Die Altersleut und Vorsteher erklärten sich einverstanden u. ba-
ten, "weilen sie in Zeiten der Wende davon nicht gegeben und
"nachher E.G. sie auch bis herzu dabei in Gnaden gelassen", ihnen
eine schriftliche Erklärung darüber zu geben. "Verhoffen sich
auch, was an geringem Losholz, alten verdorreten Stämmen und
sonsten umherliegt in bemelten Gehölzern, von der Armut und so
keine eigene Pferde haben, befunden, wie auch den Ackerleuten, die
Notturft zu Wagen, Egeden und Pflüge uf Anweisung ohne vergeltnus,
wie bisher, sie dessen werden können gemächtiget sein."
Es folgen noch weitere Bestimmungen gegen Eigenmächtigkeit in den
Gehölzen, über Forsttage, Pflanzgärten, Mast und Hude. |
Die neue Holzordnung ist den Leuten schwer. eingegangen. Das Ge-
fühl, man habe ihnen ihr altes Recht auf den Wald genommen, hat
sie über die Jahrhunderte hinweg nicht verlassen. Doch die "Holz-
knechte" und der "Holzfürster" übten ein strenges Regiment. An den
_ Gerichtstagen zu Varenholz wurden die "Holzfrevler" mit strengen
Strafen belegt. Unter 1 Taler Strafe ging meist auch der kleinste
Holzdiebstahl im Walde nicht ab! Hier nur zwei Beispiele von
vielen aus dem Jahre 1598: |
"Berndt Eilbracht hat etlich Holz vom Kirchberge, so zum Ziegel-
holz gehauwen, weggeführet." 2 Thaler strafe . . .
Holzfürster klaget, daß Hermann Wordtmann in meines. gnädigen Herrn.
Gehölze unerlaubt eine Buchen abgehauwen und gekleibet."
2 Thaler Strafe".
Die Schweinemast im Walde war einst neben dem Herrn de Wend nur
den berechtigten Bauerschaften vergönnt. Nun aber kamen, "so Gott
der Herr Mast am Walde bescherte", d.h. wenn viel Eicheln und
Bucheckern gewachsen waren, auch fremde Schweineherden ins
u
W
Langenholzhauser Holz, denen der Graf gegen gute Pacht den Zutritt
gewährte zum großen Kummer und Ärger unserer Bauern. Manchmal ist
es zwischen den Schweinehirten zu Schlägereien in den Wäldern
gekommen um die besten Weideplätze.
Manche Einzelheiten aus der Dorf- und Kolonatsgeschichte jener
alten Zeit erfahren wir aus den Gogerichtsprotokollen des Amtes
Varenholz. Um Ostern und um Michaelis, also im Frühjahr und im
Herbst, kam der vom Landesherrn bestellte Gograf für einige Tage
nach Varenholz und hielt Gericht ab. Vom Jahre 1597 ab sind uns
die Protokolle dieser Gogerichtstage erhalten. Die Bauerrichter
der einzelnen Ortschaften erschienen mit den straffällig gewor-
denen Leuten, und nach kurzem Verhör fällte der Gograf das Urteil.
Es waren meist nur kleine Vergehen, die hier verhandelt wurden;
denn die schweren Fälle kamen vors gräfliche Hof- und Kriminalge-
richt. Aber auch am Gogericht gab es harte Strafen. Die Gerichte
waren eine gute Einnahmequelle des Landesherrn, und weil die Bau-
errichter und sonstigen Ankläger von den Strafgeldern immer einen
Teil abbekamen, brachten sie manchmal auch ganz kleine Dinge vor.
Bauerrichter, welche sich im Anzeigen lässig zeigten, wurden meist
bald abgelöst. Nach unseren heutigen Begriffen war eine solche
Justiz doch ziemlich übel. Doch hörten wir mal Einiges aus den
Jahren um 1600.
1597 "ponnies, des Küsters Schwiegersohn zu Holtzhausen hat sich
des Garnkaufs angemaßet. - soll 1 Thaler geben und sich des Garn-
kaufs enthalten."
"Johann Reoo. zu Holtzhausen hat Bülte Gerken Dochter beschlafen.
10 Thaler." (Davon bekam der Graf 9, der Pastor 1 Thaler!)
1598 "Johann Heldt, Bauerrichter zu Holtzhausen, weiß nichts."
(Er wurde im nächsten Jahr abgelöst!)
iin
"Johann Sandermann (Nr. 1) hat ein Sauerfaß und 2 Botterpanden
eilig nach Brake fahren sollen, aber eine zeitlang stillschweigend
bei sich behalten ... 1 1/2 Thir"
"Hermann Höfer zu Holtzhausen hat Henrich Sandermann mit einer
Barten den Arm braun und blau geschlagen. Sagt, Henrich sei der
Erste gewesen, welches der nicht gestehet. 1 1/2 T.'"
1600 "Hand Held hat Kindelbier gehalten, hat eine Tonne
Rintelsches Bier gehabt. 2 T." (Im "Ausland" durfte kein Bier
gekauft werden!) |
1604 "Busch Nolten Sohn Hermann (Nr. 19) hat Johann Ernstings
Jungen ein Loch in den Kopf geschlagen. Ist Kinderwerk, sollen
verhauen werden und soll Noltens sohn 9 Groschen zahlen."
wir wollen diese Strafchronik nicht weiter verfolgen. Schlägereien
und Schimpfereien, kleine Diebstähle usw. füllen dicke Bände. wir
werden später noch darauf und auf andere Delikte zurückkommen.
Weit wichtiger sind die Nachrichten über Erbteile und Weinkäufe.
Wie aus den Angaben des Salbuches von 1614 hervorgeht, waren die
Inhaber fast aller Langenholzhauser Kolonate leibeigen, oder wie
®
es hieß: "dem Ampt Vornholtz mit Leib und Gut eigen". Beim Tode
des Kolonatsinhabers oder seiner Frau fand eine "Erbteilung"
statt, denn das Amt oder der Landesherr als Gutsherr erbte immer
mit. Nach dem Begräbnis erschienen auf dem Hofe der Amtsschreiber
und der Bauerrichter und nahmen den gesamten beweglichen Nachlaß
auf. Da Mann und Frau den gleichen Anteil an dem Eigentum hatten,
wurde die Erbteilung nur am Anteil an des Gestorbenen, also an der
Hälfte vorgenommen. Nachstehend einige Beispiele von
' Langenholzhauser Erbteilung, aus den Jahren um 1600:
"Anneke, Hinrich Hoivers Hausfrauwe (Nr. 5) gestorben. Ein Meier-
gut. 6 Pferde, 1 Staten (Stute), 4 Kühe, 2 Rinder, 4 Schweine, 1
klein Kissel (Kessel), 1 kopfern Pott, 1 K sten, 1 Laden, 1
Schapp, 1 Tower (Zuber), 1 Standen (Anrichte), 2 Bette, 1 Rock von
engelscher Wand, 1 Leibstück, 1 Hoiken (Mieder), 1 Pils (Pelz), 15
Ht (Himten) Roggen, 1 Ht. Weizen, 1 Molt Gerste, 4 Molt Habern zur
Saat, 1 beschmiedeten Wagen, 1 Pflug, 2 Egeden. .
Totum (insgesamt taxiert zu) 76 Thlr. die Hälfte = 38 Thlr.
Erbteil (ans Amt zu zahlen): 8 Thlr.
"Curdt Rügge,. Krüger zu Holtzhausen, gestorben, halb gefallen.
4 Pferde, 5 Kühe, 2 Rinder, 9 Schweine, 1 Braukessel von 2 Tonnen
Maßes, 4 kleine Kessel, 3 kupferne Pötte, 1 eisernen Pott, 2
Boiden, derer einer von 6, die andere von 4 Schuhen, 6 Tonnen, 1
Stande, 1 Tower, 1 Schapp, 1 Kisten, 1 Laden, 2 Bette mit der
zubehör, 2 Paar Buxten (Hosen), 2 Wämse, 1 Seite Speck, 2 Ht.
Roggen, 5 Ht. Gerste, 1 Molt Habern zur Saat, 1 alter Blockwagen,
5 Molt Malz in Vorrat, 1 Pflug, 2 Eggen, 36 Thlr bei Eilebracht, 8
Thlr bei Curd Hancken, 20 Thlr bei Johann Rüggen, 6 Thlr bei Jo-
hann Meier. 22 Thlr bei der Berendschen werden gut gesäet.
Totum: 150 Tir. Halb 75 Tlr. Erbteil: 14 Tlr.
"Hans unterm Hawichtsberge, ein arm Mann, hat nichts als seine
täglichen alten Kleider nachgelassen." 9 Groschen.
1604. "Des alten Johann Sandermann zu Holtzhausen (Nr. 1)
Hausfraue Grete, Leibzüchtersche, gestorben.
2 Kühe, 1 Schwein, 2 kleine Kessel von 11 Eimer Wassers, 1 kupfern
Pott, 1 Schapp, 1 Rock von Lemgoscher Wand, 1 Bette mit der Zube-
hör, 1 Pelz, 1 Hoiken, 1 Leibstück, 2 Ht. Roggen, 2 Ht Weizen zu
Saat. — 2 Tlir."
1607. "Hans ufm Brinke (Kreienhof) gestorben. Ein geringes Meier-
gut. 5 Pferde, 5 Kühe, 1 Rind, 5 Schweine, 4 Schafe, 4 kupf.
Pötte, 1 Großer und 2 kleine Kessel, 2 Kisten, 1 Lade, 1 Standen,
1 Tower, 1 Schapp, 2 Bette mit Zubehör, 2 Seiten Speck, 15 Et.
Roggen, 2 Ht. Weizen zur Wintersaat, 15 Ht. Gerste, 3 Molt Habern
10 Ht. Erbsen und Bohnen zur Sommersaat, 1 Beschmiedeten Wagen, 1
Pflug, 2 Paar Eggen. Ist die Hälfte gefallen und gerechnet uff 33
1/2 Tlr., aber wegen Beschwerung des Gutes gedingt auf 8 Tl1r."
Hinrich Hancken Frauwen, (Hankenhof, Habichtsberger Str. 12), so
doet gestochen. Ein Meier. 5 Pferde, 7 Kühe, 5 Rinder, 21
Schweine, 5 Schafe, 2 gr. u. 2 kl. Kessel, 5 kupf. Pötte, 1 Kiste,
1 Lade, 1 Schapp, 1 Disch, 1 Koffer, 1 Standen, 1 klein silbern
Gürtel, 1 Engelschen und 1 Lemgoschen Rock, 1 Leibstück, 1 Hoiken,
3 Bette M. Zubehör, > Seiten Speck, 2 alte beschmiedete Wagen, 1
Pflug, 2 Eggen. 20 Ht. Roggen Wintersaat, 18 Ht. Gerste, 3 Molt
Habern, 8 Ht. Rübsen Sommerst. Halb gefallen, so gerechnet auf 46
1/2 TlIr. Aber weilen die Frauen so übel ums Leben gekommen und 8
kleine Kinder mit vielen Beschwerungen nachgelassen, so ist's
gedingt auff 10 Tir.
Über den Tod des Grabenbredermeiers Hinrich Hancke berichten die
Gogerichtsakten:
"Hans Hanken Sohn Hans ist mit encblößter Wehr zu Henrich Hanken
Frauen gekommen, mit ihr scherzen wollen und darüber ihr unverse-
hens ein Loch in dem Dicken des Beins gestochen, davon sie dann.
zur Stunde gestorben. Er ist allhier eingezogen."
Neben den Erbteilungen waren für die gräfliche Kasse auch die
sogenannten Weinkäufe wichtig. Sie haben nichts mit Weintrinken zu
tun, sondern mit gewinnen. Gewann der Anerbe von seinem Vater den
Hof, so hatte er dem Gutsherrn den Weinkauf zu zahlen. Auch bei
einer neuen Heirat des Kolonatsbesitzers war der Weinkauf zu zah-
len.
"Tileke Nagel (Nr. 11) befreiet sich an Mettken Johanning. Ein
Halbspännergütchen. Wert ungefähr 140 Tlr. Weinkauf 8 Tir."
"Hinrich Hoiver (Nr. 5) befreiet sich an Margareten Luhmanns uff
sein Gut. 160 TIr. i Weinkauf 10 Tlr."
"Anneke Wlbrachts, weiland Hans vom Brink nachgelassene Witwe,
(Kreienhof) befreiet sich an Henrich Kreienmeier aus dem Amt
Vlothauw. 100 TIr. _ Weinkauf 6 TIr."
"Curt Luhmann, Vogt allhier, hat ein klein Häuslein zu Holtzhausen
von Hermann dem Schuhmacher gekauft". Weinkauf 1 TIr. (Nr. 45)
"Johann Ernstings zu Langenholzhausen nachgelassene Witwe heiratet
Johann Helds Sohn Hinrich, Halbspänner (Nr. 8) Weinkauf 8 Tlir."
"wilhelm Schwein (Nr. 29) übergibt sein Häuslein seiner Dochter
Ilsken mit Hermann Steinmeier. Weinkauf 1 Tlr."
Es sind noch die Freilassungen zu erwähnen. Heiratete jemand von
einem eigenbehörigen Hofe in ein anderes Gebiet, so mußte er von
den Eltern freigekauft werden, und das war nicht billig.
"Hans Meier (Nr. 23) bestattet seine Dochter Anneke ins Amt
Vlotho, gibt zum verlaß | 14 Tir."
"Bartold Tellermann bestattet sich uf Mindische Güter. Zahlt zum
Verlaß | 30 Tir."
"Johann Sandermanns (Nr. ı) und Margarethen Brandts, Eheleuten,
Tochter Catrina bittet um Freilassung. (Sie will außer Landes.
heiraten und soll 200 Tlr zubringen. Die Freilassung wird abge-
lehnt mit dem Bemerken: ) Kann ohne. Beschwer des Hofes nicht ge-
schehen!" 2
Diese Catrina Sandermann vom Hofe Nr. 1 ist aber doch frei gekom-
men und hat sich "an Cordt Hadesen gen Hameln befreiet". Das geht
en
®
8:
aus einem "Verzeichnis der von den Höfen fortgezogenen Leibeigenen
des Amtes Varenholz" hervor, welches ums Jahr 1620 angelegt wurde.
Darin stehen auch:
Von Hinrich Hoivers Stette (Nr. 5): Hermann Hoiver wohnet zu Bre-
men. Engelke und Alheidt Hoiver heirateten ins Amt Sternberg.
Von Hans Heldts Stette (Nr. 4: Hermann Heldt zog vor 10 Jahren
nach Lübeck. "Man weiß nicht, ob er lebendig oder tot".
Von Berndt Eihlbrachts Stette (Nr. 3) verheirateten sich drei
Schwestern nach Herford. | |
Von Hans Hancken Stette (nz. 16) heiratete ein Mädchen nach
Rinteln.
Von Nolte Hancken Stette (Nr. 19) heiratete. ein Mädchen nach
Rinteln, eins nach Silixen, eins nach Jöllenbeck. Alle drei wurden
frei gekauft. |
von Thoineß Ruggen Stette (Nr. 20) wurde Nolte Rugge Müller ufr
Krummen Mühle im Amte Vlotho. | |
Alle vorstehenden Nachrichten aus der Zeit zwischen 1563 und 1618,
d.h. vom Beginn der lippischen Gutsherrschaft bis zum Beginn des
Dreißigjährigen Krieges, zeigen uns, daß die Bewohner unseres
Dorfes damals kein leichtes Leben gehabt haben. Aus den lippischen
Salbüchern, die in den Jahren zwischen 1614 und 1620 aufgezeichnet
wurden, geht hervor, daß die Bauern des Amtes Varenholz, welche
1563 aus der milden Gutsherrschaft der Wends gekommen waren, die
am höchsten belasteten Untertanen ihrer Landesherrn geworden sind.
Sie haben wohl die 100 000 Taler, die die Lipper den Wendschen
Erben bezahlen mußten, mit ihren enormen Diensten und Abgaben
vielfach ersetzen müssen. Nirgendwo sonst im Lipperlande haben
Bauern zwischen 50 und 70 Morgen Landbesitz alljährlich 92 Fron-
diensttage mit vier Pferden leisten müssen, also fast jeden
dritten Arbeitstag im Jahr! Dagegen brauchten z.B. die
Heidelbecker Bauern ihrem Gutsherrn, dem Herrn von westphalen,
jährlich nur 8 Tage dienen! Allerdings hatte ihnen nun der
Landesherr auch noch 8 Dienst- und 3 Burgfesttage auferlegt. Denn
die neu angelegte gräfliche Meierei Varenholz war durch Auflösung
der kleinen dörflichen Siedlungen Hellinghausen, Edissen und
'Imessen zur größten Domäne des Landes geworden, auf welcher man
jedes Fuhrwerk und jeden Arm der leibeigenen Bauern —— Kötter des
Amtes brauchen konnte.
wir haben in dem Auszug aus dem Salbuch von 1614 (s. S. 29/30) nur
_ einen Überblick über die Dienste und Abgaben geben können, doch
auf wie harte und vielfache Weise gerade die größeren Höfe ange-
faßt wurden, sei an dem Beispiel des Langenholzhauser Meierhofes
Nr. 1 - damals Johann Sandermann, jetzt Manfred Meier-Böke - ge-
zeigt. Beim Hofantritt eines neuen Meiers war ein sogenannter
Weinkauf von etwa 10 Talern, der Wert einer guten Kuh, zu ent-
richten. Beim Todes des Bauern oder der Bäuerin waren jeweils 10
Taler Erbfall fällig. Der Hof war damals etwa 70 Morgen = 105
Scheffelsaat groß. Von etwa 66 Scheffelsaat (Wallrekte,
Westerfeld, Emme und | Klingeberg) gehörte der zehnte Teil der Ernte
dem Pfarrer zu Langenholzhausen, während auf den Varenholzer
Kornboden 7 1/2 Himten Roggen, 14 Ht. Gerste und 34 Ht. Hafer zu
liefern waren sowie 6 Hühner, 1 Schwein, jede 10. Gans, von jeder
Kuh 1 Groschen, 2 Taler Burgfestgeld, 18 1/2 Groschen Michaelis-
schatz und "andere zufällige Schatzung". Von Petri (22. Februar)
bis Martini (11. November) mußte der Hof zwei Tage wöchentlich ein
Gespann mit vier Pferden zum Frondienst nach Hellinghausen oder
Varenholz stellen, in den Wintermonaten von Martini bis Petri
wöchentlich einen Tag, dazu auf besondere Bestellung jährlich drei _
Burgfesttage. Ein oder zwei Pferde mit Ackergerät benötigte der
Meier allein für die Herrendienste! Wenn man bedenkt, daß damals,
weil der Dünger fehlte, etwa der dritte Teil des Ackerlandes brach
lag und nur zur Hude gebraucht werden konnte, und daß die Getrei-
deernte nur etwa das Sechs- bis Zehnfache der Aussaat betrug, so
kann man wohl ermessen, wie schwer in jener Zeit das Leben auf
unseren Bauernhöfen gewesen ist. Ä
Die Einteilung der Höfe in Meier oder Vollspänner und Halbmeier
oder Halbspänner war ziemlich willkürlich. So waren z. B. der
Meierhof Nr. 6 und die Halbspännerhofe Nr. 10 und 11 je 50 Morgen
groß, doch während Nr. 6 mit 4 Pferden 92 Tage dienen und 2 Taler
18 Groschen Michaelisschatz zu zahlen hatte, dienten die beiden
Halbspänner nur je 47 Tage mit je 2 Pferden und zahlten nur 1
Taler 27 Groschen.
Die Groß- und Mittelkötterstätten waren fast alle erst unter der
lippischen Gutsherrschaft entstanden und etwas gerechter einge-
stuft worden. Die meisten von ihnen konnten von ihrem kleinen
Landbesitz allein nicht leben und waren Handwerker oder sonstige
_ Gewerbetreibende. So hatte Arndt Traphagen (Nr. 24) einen kleinen
Kaufladen, Tonies Rugge (Nr. 20) die Mühle, Steffen Schmett (Nr.
26) die Schmiede, wilhelm Schaffer (Nr. 40) die Schäferei des
Dorfes.
Die Berufe der Kleinkötter, welche ja zumeist überhaupt keinen
Landbesitz hatten, lassen sich im Einzelnen nicht mehr feststel-
len. Auch unter ihnen sind Schneider, Schumacher, Stellmacher,
Zimmerleute gewesen, aber auch Handlanger, Tagelöhner, Spinner und
weber. An den Wegränder haben sie ihre kleinen Häuschen und Gärt-
chen angelegt. Auf den Höfen lebten auch Einliegerfamilien, meist.
wohl Leibzüchter und verheiratete Geschwister des Bauern. Bereits
in einem "Register der Personenschattinge" vom Jahre 1555 werden
Langenholzhauser Einliegerfamilien genannt.
wir können die harten Lebensbedingungen der Menschen jener Zeit
nicht mit den unseren vergleichen und können uns auch kaum vor-.
stellen, wie die etwa 300 Leute, welche um 1618 in
Langenholzhausen gewohnt haben, alle ihr Auskommen fanden. Doch
wenn man z. B. den Nachlaß des Krügers Curdt Rügge mit dem des
Kleinkötters Hans unterm Habichtsberge vergleicht (s. Seite 35),
so sieht man auch, wie groß schon damals der Unterschied zwischen
reich und arm in Langenholzhausen gewesen ist. Aber schon ein
Jahrzehnt danach, während der Not- und Schreckenszeit des Drei-
Rigjährigen Krieges, wird den Menschen die vergangene Friedenszeit
als recht gute Jahre im Gedächtnis geblieben sein.
®
4. Unser Dorf während. des Dreißigjährigen Krieges
Im Jahre 1618, hundert Jahre nach Luthers Reformation, hatte der
Kampf zwischen katholischen und protestantischen Fürsten begonnen.
Doch das war drunten in Böhmen, weitab von unserer Heimat. Erst im
Herbst 1621, als der Wind über die Haferstoppeln ging, trug er den
ersten Trompetenstoß des Krieges in unser stilles Dorf. Herzog
Christian von Braunschweig, "der tolle Christian", führte für die
evangelische Partei ein Heer ins Feld und rückte von Osten her _
gegen unser neutrales Lipperland heran. Graf Simon VII. (1613 -
1627) lud ihn nach Schloß Brake ein und bat ihn, die Grafschaft
Lippe zu verschonen. Das versprach und hielt er auch. Als dann
aber drunten am Main sein Heer von dem großen katholischen Feld-.
Herrn Tilly fast völlig vernichtet war, schlug sich Christian mit
dem Rest seiner Reiterei bis in unsere Gegend durch und besetzte
am 04. Februar 1623 die Weserfestung Rinteln.
Von dort her kamen nun trotz aller Proteste aus Varenholz und
Detmold Christians Fouriere in die nordlippischen Dörfer und be-
schlagnahmten Korn und Schlachtvieh für seine Soldaten und ihre
Pferde. Der Herzog versprach zwar, allen Schaden zu ersetzen und.
auch strenge Disziplin unter seinen Truppen zu halten, aber er
konnte es nicht verhindern, daß sie in kleineren Trupps über Land
zogen zum Rauben und Plündern. Die Bauern wehrten sich, so gut sie
konnten, versteckten ihre Vorräte und vertrieben kleinere Banden
mit Knüppeln und Dreschflegein. |
Inzwischen ließ Christian die Werbetrommel rühren, und manch
frischer beutelustiger Brusche ist auch aus unseren nordlippischen
Dörfern unter seine Fahnen gegangen. Im Juli 1623 hatte er wieder
ein Heer von 21 000 Mann zu Fuß und 11 000 Mann zu Pferde zusammen
und zog damit von Rinteln das Extertal hinauf bis Alverdissen. Ein
großer Troß von Soldatenweibern, Stalljungen und Kindern folgte
dem Heere. Die Grafschaft Lippe mußte 100 000 Brote und große
Mengen von Hafer und Stroh nach Alverdissen liefern. Aus allen
Richtungen des Landes kamen lange Reihen von Bauernwagen nach
Alverdissen mit Fourage heran, den vielen Tausenden von Fressern
den Hals zu stopfen.
Am nächsten Tage zog das Heer nach Lemgo, und die Stadt bereitete
dem Herzog Christian, dem Kämpfer für den evangelischen Glauben,
einen fürstlichen Empfang. Sein Heer lagerte auf der Hengstheide,
zwischen Lieme und Retzen, wohin wiederum aus allen Dörfern Ver-
pflegung herankam. Am andern Morgen aber zog das Heer nach Westen
über die lippische Grenze, dem Tilly entgegen, der es wenige Tage
später in Westfalen vernichtend schlug.
Nun war auf lange Jahre der Tilly Herr im Lande, und nun fing auch
der Krieg hier erst richtig an. Am 27. September 1623 marschierten
vier Kompanien Fußvolk in Langenholzhausen ein. Alle Höfe und
Kotten lagen voll von Soldaten. Ein wildes Leben und Treiben
herrschte im Dorfe. Alle Backöfen waren in Glut, mit Peitschen und
Knüppeln waren Bäuerinnen und Mägde zum Brotbacken gezwungen wor-
den. Die Truppe sollte Vorrat für den Weitermarsch mitnehmen.
überall war auch eine wüste Jagd auf Hühner, Enten, Gänse,
Schweine und Rindvieh gewesen, auf allen Herden wurde gekocht und
gebraten. Der Krüger Wistinghausen hatte zwei Fuder Bier auszapfen
müssen. Die Soldatenweiber hatten die Kleiderschränke und
w
gültigen Friedenspreisen. Es kostete: 1 Huhn
wäschetruhen auf den Höfen durchwühlt und ausgeplündert. Auf Her-
mann Schalks Hofe (Nr. 22) hatte ein Obrist mit 40 Personen Mittag
gehalten. Ä . |
Als die Truppe abgezogen war, stellte das Amt Varenholz ein ge-
naues Schadenverzeichnis auf. Damals glaubte man wohl noch, die
Kriegsschäden könnte man ersetzt bekommen. So liegen denn von.
jeder Stätte die genauen Verlustrechnungen vor mit den damals noch
= 2 Groschen, 1 Ente
= 4Gr., 1 Gans = 6 Gr., 1 Ferkel = 1 Taler, 1 Schwein = 2 - AT.,
1ı Kalb= 1 - 2 T., 1Kuh =6 - 9 T., 1 Pferd = 10 - 20 T.,1
Himten Roggen = 1/2 T., 1 Haufen Hafer = 1 T. Der Schmied berech-
nete seinen neuen, von den Soldaten zerschnittenen Blasebalg mit
10 Taler. Ein zerschlagenes Schapp (Schrank) wurde mit 4 Taler
berechnet. Der gesamte in der einen Nacht im Dorfe verursachte
Schaden wurde auf 674 Taler 21 Groschen ermittelt!
Das war die erste "Kriegerjagd". Doch von nun an forderte Tilly
eine dauernde Kriegskontribution, welche die lippischen Behörden
selbst einziehen und an den Feldherrn abliefern mußten. Etwa neun
Jahre lang, bis unser Dorf in Asche gelegt wurde, hat
Langenholzhausen jede Woche 20 Taler Tillysche Kriegskontribution
aufbringen müssen! Es hatten zu zahlen: Jeder Meier 1 Tlr 9 Gr.,
jeder Halbspänner 30 Gr., jeder Großkötter 18 Gr., jeder Mittel-
kötter 9 Gr., jeder Straßen- oder Kleinkötter 6 - 3 Groschen..
Natürlich liefen alle guts- und landesherrlichen Abgaben und
Dienste weiter, und mit unerbittlicher Strenge wurde die letzte
Schuld eingezogen. Wer seinen Verpflichtungen nicht nachkam, dem
holte man Pferde oder Kühe fort in den "Pfandestall", oder man
legte ihm Soldaten ins Haus, die er verpflegen mußte.
Die "Einlager" und "Kriegerjagden' aber gingen weiter. Im November
1623 lagerten spanische Reiter in unseren Dörfern und hausten noch
weit schlimmer als die Tillyschen. Im Frühjahr 1625 rückte der
Dänenkönig mit seiner Armee im Wesertale herauf, um seinen evan-
gelischen Glaubensbrüdern beizustehen. Aber wie ein Jagdhund
sprang ihm Tilly von Höxter aus entgegen und trieb ihn zurück.
Beutegänger beider Parteien machten unsere Dörfer wieder unsicher.
Und dann ging es in wilder Flucht mit Vieh und Habe in die Wälder.
Im Juli 1625 wurde das ganze Amt von kaiserlichen Reitern heimge-
sucht. Jeder dieser Herren verlangte pro Tag zwei Pfund Fleisch,
ein halbes Pfund Butter, drei Pfund Brot und drei Liter Bier, dazu
Futter für sein Pferd und anständige Kost für Weib und Kind und
Pferdejungen. In einem Bericht des Varenholzer Amtmanns heißt es:
"Obwohl in die vornehmsten Häuser nur vier Soldaten gelegt, haben
doch die meisten soviel Weiber, Jungen und Kinder bei sich, daß
oft in einem Hause 6, 7, 8, ja neun Personen liegen."
Die Offiziere waren überhaupt nicht mit Lebensmitteln zufrieden zu
stellen, sie verlangten Geld und besonders goldenen und silbernen.
Schmuck. Nur so wollten sie ihre Soldaten in Zucht halten und die
Quartierwirte vor Plünderung bewahren. |
Zur Sicherung der Kriegskontribution und zur Abwehr von Plünderern
nahm die lippische Regierung Tillysche Schutzgarden in Dienst,
welche auf die Dörfer verteilt wurden. In Langenholzhausen lag ihr
Kompaniestab, bestehend aus Kapitän, einem Fähnrich, dem
Feldwebel, dem Kompanieschreiber, dem Quartiermeister, dem
Fourier, dem Feldscher und 13 Soldaten mit drei Weibern, drei
Pferdejungen, einem Kind und 28 Pferden. Sie mußten alle wie die
Fürsten verpflegt werden, doch im Notfall war kaum Verlaß auf sie.
Im November 1625 wurde das Dorf wieder von einer schweren Ein-
quartierung heimgesucht, von welcher besonders auch Pastor Freundt
betroffen wurde (s. Kirchengeschichte S. 25). "Es ist in
Langenholzhausen ziemlich rauh abgangen", schrieb der Amtmann nach
Detmold. Doch es sollte noch schlimmer kommen. nn
Noch immer herrschte der Tilly im Lande, doch wenn seine Regimen-
ter eine Gegend leergefressen, verlegte sie der Feläherr für ei-
nige Zeit in andere Quartiere. Dann war zeitweise Ruhe im Lande,
und nur die Kontribution lastete wie ein quälender Druck auf den
Dorfbewohnern. Aber am 9. November 1626 hatte unser Dorf wieder
ein solch schweres Einlager, daß Graf Simon an den kommandierenden
General von Gallas schrieb. "Das Dorf Langenholzhausen ist durch
dies schwere Inlager zu Grund verderbet." Eine genaue Schadensli-
ste liegt über die zweitägige Einquartierung vor, welche das Dorf
1214 Taler 27 Groschen kostete.
Auf einige etwas ruhigere Tage folgte von 1630 an wieder neues
Kriegsgetümmel. Der Schwedenkönig Gustav Adolf war den bedrängten
deutschen Protestanten zu Hilfe gekommen. Er riß in einem |
glanzvollen Siegeszuge durch Deutschland die Macht an sich, mußte
aber am 6. November 1632 in der Schlacht bei Lützen sein Leben.
lassen. | | .
Nun wurde unser Land auf lange Jahre hinaus ein Spielball beider
Parteien; denn zwischen den Festungen Minden und Hameln, Lemgo und
Rinteln rissen die Truppenbewegungen mit Durchmärschen, Einlagern,
Erpressungen und Plünderungen nicht mehr ab. Schier unerschwing-
liche Kontributionen mußten nach beiden Seiten gezahlt, Arbeiter
und Fuhrwerke für Schanzarbeiten mußten nach Minden, Rinteln und
Lemgo gestellt, Pallisadenpfähle mußten in unsern Wäldern gehauen
und abtransportiert, Rationen für Soldaten und Pferde mußten ge-
liefert werden. Kam das Amt Varenholz den Forderungen der ver-
schiedenen Generale nicht nach, so wurden zur Strafe ganze Trup-
penteile in die Dörfer gelegt. "wir können wohl sagen, daß wir in
den vorigen Jahren hier Frieden hatten und jetzt Krieg haben",
schrieb der Drost nach der Regierung. i |
Für das Dorf Langenholzhausen aber kam am 28. Februar 1633 der
schwärzeste Tag seiner Geschichte. Die Armee des schwedischen
Generals Kniephausen lagerte seit einigen Tagen in den Dörfern
unseres Kirchspiels. "Das Amt ist mit Kriegsvolk zu Fuß und Roß
dermaßen erfüllet, daß fast nicht ein Kotten davon befreiet und
dahero alles ruiniert und verderbet wird", heißt es in einem
Varenholzer Bericht. In der Nacht vom 27. zum 28. Februar "sind zu
Langenholzhausen zwei Kotten und ein Speicher eingeäschert, dahero
wir wegen der Feuersbrunst in großer Gefahr stehen. Gott der All-
mächtige wollen es gnädig ändern, dazu allem Außern nach wenig
Hoffnung". Doch das Unglück nahm seinen Lauf. Schon am gleichen
Tage wurde das Dorf "fast ganz in Asche gelegt, die Mühle, die
Kirche und etliche Höfe sind allein stehen blieben."
A
ei. &
9»
Die Not in unserm Dorfe muß in jenen Tagen und den nächsten Wochen
unbeschreiblich gewesen sein. Keine Chronik erzählt uns, wie sich
die Menschen aus ihren brennenden Häusern gerettet, wie sie die
ersten Nothütten schufen und sich in Kellerlöchern bargen vor der .
Kälte und der Nässe des Märzes, wie sie sich aus dem Brandschutt.
und aus Verstecken letzte Vorräte holten, den rasenden Hunger zu
stillen, nachdem die einquartierten Soldaten fluchtartig den
brennenden Ort verlassen hatten. Manches Kleinkind, manch alter
und kranker Mensch mag jene ersten Wochen nicht überstanden haben.
Die Langenholzhauser hatten gewiß geglaubt, alle mildtätigen Leute
in Stadt und Land würden ihnen beispringen in ihrer Not, wenn sie
nur die Hand ausstreckten. Sie hatten den Kramer (Nr. 47) auf die
Beine gekriegt, einen geschickten und weltgewandten Mann. Vom
Drosten von Hammerstein in Varenholz hatte er eine Bittschrift
erhalten, mit welcher er in außerlippischen Städten, wo er seine
Waren bezog, um eine Zusteuer für das so schwer getroffene Dorf
anhalten sollte. Doch tief bedrück war er zurückgekommen; denn
überall hatte er verschlossene Hände und Herzen gefunden. In die-
ser wolfszeit hatte ein jeder seine eigene Plage.
Dann hatte der treue Amtmann Reinecker den Grafen Simon Ludwig
(1627 - 1636) zu einem Aufruf für die Langenholzhauser angeregt.
Doch nach den schlechten Erfahrungen des Kramers wollte keiner
mehr mit dem Aufrufe des Grafen bettelnd über Land ziehen. Ledig-
lich für die Wiederherstellung der stark beschädigten Kirche kam
eine kleine Summe aus den benachbarten Kirchengemeinden zusammen.
Die gräfliche Erbpachtmühle war durch den tatkräftigen Müller
Henrich Rügge und seine Knechte gerettet worden. Doch nach drei
Tagen, als das Dorf schon in Asche lag, waren plündernde Soldaten
in die Mühle gestürmt und hatten einige Sack Mehl weggenommen. Der
Müller und seine Leute aber waren ihnen mit gewehrter Hand entge-
gengetreten und hatten sie vertrieben. Bei der Schießerei jedoch
waren drei Leute verwundet worden. Immerhin, man war Sieger ge-
blieben, und es war auch noch etwas Korn und Mehl da, um Brot
backen zu können für das darbende Dorf. Im Oberdorfe standen noch
einige Höfe: Sandermann (Nr. 9), Henrich Hanke (Nr. 10) und
Bilstein (Nr. 16), dazu auch die Häuser unterm Habichtsberge.
Inmitten des Flammenmeeres war wie durch ein Wunder auch das.
kleine Schulhaus stehen geblieben. Der letzte Kirchspielschulmei-
'ster war bereits vor einigen Jahren gestorben, und der junge Pa-
stor Freundt hatte den Schuldienst versehen. Nun fanden die beiden
Pfarrer hier zunächst eine Notunterkunft..
Etwa drei Jahre nach dem großen Brande kam ein neues schweres
Unglück über unser Dorf. Es war äer Schwarze Tod, die Pest, welche
durch ganz Deutschland zog, aber gerade auch in Langenholzhausen
eine furchtbare Ernte hielt. In Trümmern und Nothütten hatten sich
die Menschen zuerst geborgen, als ihre Häuser in Asche gelegt
waren. Dann war man ans Bauen gegangen, hatte im großen
Gemeinschaftswalde Eichbäume gefällt und sie zu Fachwerk gefügt.
Schlichte, kleine Strohdachhäuser sind es gewesen, die in jenen
Kriegsjahren nach dem großen Brande wieder gebaut worden sind.
Eines davon stand noch in meiner Kindheit zu Anfang unsers Jahr-
hunderts an der unteren Krämerstraße, dem Kirchturm gerade gegen-
über. Das alte ‚Strohdach war größtenteils von einem dicken grünen
. En
Moospolster bedeckt. Es hatte keinen Schornstein, der Herdrauch
vom Holzfeuer zog den Dielenbalken entlang, wo zum Räuchern die
Würste, Schinken und Speckseiten der ganzen Nachbarschaft hingen.
Dies Haus wird wahrscheinlich bald nach dem großen Brande gebaut
worden sein. Es ist wohl schon vor 70 Jahren abgebrochen. Doch in
der Nähe steht noch das Haus Röhr, früher Wehrmann Nr. 44. Leider
ist bei der sonst gelungenen Renovierung der schöne Torbogen her-
ausgebrochen und das Fachwerk überputzt worden. Das Haus wäre
sonst neben der Mühle das bedeutendste Baudenkmal des Dorfes, trug
es aoch die denkwürdige Inschrift:
ANNO DOMINI 1634 DEN 2TEN OCTOBER HABE ICH HERMANN BEXTEN UND
ILSCHE SMEDINCK DIS H.L.B. WO DIN GESETTE NICHT MIN TROSI GEWEST
WERE ICH VERGANGEN IN MINEN ELEND.
Hermann Bexten, der Erbauer des Hauses, war der Enkel des vom
Grafen Simon VI. sehr geschätzten Langenholzhauser Amtsvogts. Das
beim großen Brande vernichtete Haus ist einst der Langenholzhauser
Krug gewesen, und Johann von Bexten, der Vorgänger des Amtsvogts
Wistinghausen, hat auch seine Brauerei hier gehabt. Der feste,
gewölbte Keller des heutigen Hauses zeugt noch von der alten
Herrlichkeit, als hier die Fässer und Bottiche der Brauerei
standen. — |
Mitten inden Wiederaufbau des Dorfes ist dann die Pest eingefallen
_ und hat den größten Teil der Menschen hinweggerafft. Hier, wo die
Menschen von Not und Arbeit ganz abgemattet waren und zum Teil
noch in elenden Löchern hausten, hat sie eine furchtbare Ernte
gehalten. Ein Teil der BEwohner war nach dem Brande ins
Langenholzhauser Holz gezogen. In "Jürgens Gründen" hatten sie
ihre Hütten gebaut, ihr Vieh geborgen und von dort aus auch ihre
Felder bebaut. Doch auch zu ihnen ist der Schwarze Tod gekommen.
Von dort aus haben die Leute morgens nach dem Walde geschaut, ob
sie noch den Herdrauch von dort sähen. "Und", so erzählte vor
sechzige Jahren noch ein alter Bauer im Dorfe, "als eines Morgens
dort hinten kein Rauch mehr aufgestiegen ist, da hat man gewußt,
daß nun auch dort die letzte Seele 'heimgegangen ist in die Ewig-
keit!" .
In den Jahren 1636 und 1637 hat sich kein Soldat mehr ins Dorf
gewagt, und kein Amtsknecht kam mehr, die Kriegssteuern einzu-
treiben. Es ist Ruhe hier gewesen, aber die Ruhe des Friedhofs.
Viele Stätten sind damals ganz ausgestorben, viele Felder lagen
brach. "Wir sind hier nur noch unsere 28", heißt es in einem
Schriftstück um 1640. Nur noch in etwa der Hälfte der Wohnstätten
wohnten Menschen. Und es hat lange Jahre gedauert, bis auch das
letzte Kolonat wieder besetzt worden ist.
Der große Krieg aber dauerte noch immer. Die großen Schlachten der
ersten fünfzehn Kriegsjahre hatten keiner der beiden Parteien den
endgültigen Sieg gebracht. Nun waren die großen Feldherren tot,
und die Parteien suchten die Stellungen zu behaupten, welche sie
besaßen. In Minden und Rinteln saßen die Schweden und bauten diese
Städte zu starken Festungen aus. In Lemgo und Hameln saßen die
Kaiserlichen und taten das Gleiche. Unsere nordlippischen Dörfer
lagen gleichsam im Niemandsland zwischen den Fronten und wurden
von beiden Parteien ausgesogen.
Am 8. Oktober 1637 schrieb der Varenholzer Amtmann an die Regie-
rung in Detmold:
"Dieses Amt wurde vor allen andern von Beginn des Krieges an durch
die vielen Durchzüge, Einquartierungen, Beraubungen und Plünde-
rungen, vornehmlich auch in diesem vergangenen Sommer durch die
Kaiserliche, Schwedische und Hessische Armee dermaßen zu Grund
ruiniert, daß die armen Leute, vor allem in den Dorfschaften
Almena, Silixen, Stemmen, Vornholz, Langenholzhausen und Erder
kaum länger das Leben hinbringen können."
Neben den gewöhnlichen und außergewöhnlichen Abgaben wurden die
Leute noch mit Schanzengraben sowie Korn-, Holz- und.
Fouragelieferungen nach Minden und Rinteln belastet. Nach Minden
wären wieder Pallisaden zu liefern. Aber das Holz an der Weser sei
bereits verhauen. Es seien keine Wagen und Pferde mehr vorhanden,
und viele Leute aus diesen Dörfern bettelten in anderen Gegenden
um Brot. Man möge doch die Kontribution herabsetzen, "daß es den
armen Eingesessenen erträglich und Amtsdiener und Untertanen noch
eine Zeitlang beieinander bleiben mögen!”
In einem andern Bericht aus ‚gem gleichen Jahre heißt es, daß "die Ä
armen Untertanen bei ihren Wohnungen nicht sicher bleiben können,
sondern sich in Bergen und Büschen vestecken."
Diese langen Klageberichte der Varenholzer Beamten gehen auch die
nächsten Jahre durch. Auch die Kaiserlichen in Lemgo stellen große
Anforderungen und verüben Räubereien in unserm Kirchspiel. Am 6.
Juli 1640 schreibt der Amtmann: "Das Wasser will allhie über die
Körbe gehen, daß schier kein Mensch mehr sicher bleiben kann."
Im Jahre 1641 holten die Schweden die beiden Amtsvögte
wistinghausen und Wolff nach Minden und setzten sie dort gefangen,
um die lippische Regierung zu erhöhten Lieferungen zu erpressen.
Aus dem Jahre 1642 liegt ein Kontributionsregister vor, in welchem
der traurige Zustand des Dorfes Langenholzhausen gegenüber den
Nachbarorten klar zu ersehen ist. Von den Langenholzhauser Kolo=
naten waren damals noch besetzt und abgabefähig:
von 8 Meierhöfen noch 2 Nr. 2 u.5
Von 6 Halbspännern noch 2_ Nr. 8 u. 9
Von 7 Großköttern noch 5 Nr. 15, 20, 21, 22, 23
Von 4 Mittelköttern noch 1 Nr. 26
Von 30 Kleinköttern noch 14 Nr. 28, 30, 31, 37, 40, 4l, 44,
65, 66 ... ;
Von 55 Stätten noch 24
Im Jahre 1643 begannen in Münster und Osnabrück die Friedensver-
handlungen. Aber der Krieg mit allen seinen Schrecken und Plagen
ging noch lange Jahre fort und noch vieles ließe sich auch aus
unserm Dorfe berichten. Das letzte große Kriegsgeschehen in un-
serer Heimat war die Erstürmung der Festung Lemgo durch die
Schweden am 23. Mai 1646. Am 25. Oktober 1648 beendete der West-
fälische Friede den Dreißigjährigen Krieg, doch erst zwei Jahre
danach verließen die letzten fremden Truppen unsere Heimat.
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X
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Im Februar 1647 wurde in den Dörfern des Amtes Varenholz eine
Bestandsaufnahme des Viehes, des ausgesäten Winterkorns, des |
Wiesenwuchses und der monatlich zu zahlenden Kontribution aufge-
stellt. Die nachstehende Übersicht zeigt wiederum, wie schwer
Langenholzhausen im großen Kriege gelitten hatte. Ein Vergleich
mit den anderen Dörfern unseres Kirchspiels macht das besonders
deutlich. Der Flecken Varenholz fehlt in der Liste.
Ort Stätten Br ‚Rv Sw Sa Ws FH Ko E
a b | Tlr
Langenholzhausen 5 2 22 65 65 106 37 39 14
Kalldorf 37 5656 6 12 9% AO 243 4 138 3
Stemmen 55 38 48 122 1077 145 20 2 103 7
Erder 2 30 27 45 89 76 - 140 10 70 3
Heidelbeck 31 24 27 50 31 - ss ıı 44 4
Zusammen 228 167 208 283 3755 250 775 64 394 31
Erläuterung: Stätten a = vorhanden, b = bewohnt, Pf = Pferde, Rv =
Rindvieh, Sw = Schweine, Sa = Schafe, Ws = Wintersaat (Scheffel-
saat), FH = Fuder Heu, Ko TIr = Monatliche Kontribution, auf volle
Taler abgerundet, E = Zahl der vorhandenen Einlieger.
Zu den in Langenholzhausen vorhandenen und bewohnten Stätten sind
noch die kontributionsfreien Stätten: Pfarrhaus, Küsterhaus,
Schule und Krug hinzuzurechnen. In den Zahlen für Kalldorf sind
auch 7 Stätten in Faulensiek und Steinegge, in den Zahlen für
Heidelbeck auch 8 Stätten in Tevenhausen enthalten.
Die Kontribution, welche zunächst eine Kriegssteuer gewesen war,
blieb auch nach dem Kriege bis um die Mitte des vorigen Jahrhun-
derts als staatliche Grundsteuer bestehen. Die gutsherrlichen
Abgaben, Dienste und Zehnt kamen noch hinzu.
5. Kolonats- und Dorfgeschichte zwischen 1650 und 1750
Es hat mehrere Jahrzehnte gedauert, bis alle Langenholzhauser
Stätten wieder besetzt waren. Besonder schwer war es, die wüst
gewordenen Voll- und Halbspännerhöfe wieder in Gang zu bringen.
Der Neubau der Wohn- und Wirtschaftshäuser, die Beschaffung von
lebendem und totem Inventar, von Wirtschaftsgerät, Saatgut und
Vieh war so schwer, daß nur ein fleißiger Mann mit größeren Mit-
teln einen solchen leeren Hof "anspringen" konnte. Und die Guts-.
herrschaft, die gräfliche Rentkammer, legte dem neuen Bauern nach
Möglichkeit auch noch einen tüchtigen Teil der rückständigen Ab-
gaben des Hofes auf den Nacken. Gehen wir einmal die Geschichte
der einzelnen Höfe und Stätten unseres Dorfes durch, wie sie sich
aus den alten Akten ermitteln 1ä8t.
Der Meierhof Nr. 1 des Johann Sandermann war 1633 in Flammen auf-
gegangen. Der Bauer und sein Anerbe hatten darauf ein Nothaus
errichtet. Der Sohn hatte geheiratet und den Hof übernommen. Für
die Alten war eine kleine Leibzucht gebaut worden. Doch beide
Familien waren in der Pestzeit verstorben. Der Leibzüchter hatte |
eine Kuh, zwei Rinder, drei Schock Gerste und ein Fuder Rauhfutter
hinterlassen, der Sohn zwei Kühe und eine Zuchtstute. Als Erbteil
des Landes- und Gutsherrn wurde .eine Kuh nach Varenholz geholt,
die Stute bekam Hermann Böke in Erder als Abschlag für den Braut-
schatz seiner Frau, welche vom Meierhofe stammte. Auf dem Hofe
waren noch 20 Schock Roggen vorhanden, welche aber "mehrenteils
Disteln gewesen". Von der Länderei waren nur 1 1/2 Morgen mit
Gerste und 3 Morgen mit Rauhfutter besäht worden. "Die Gerste ist
(1636) zu Vornholz vom Kriegsvolk weggenommen, der Roggen und das
Rauhfutter aber ist zu Hellinghausen heimgefallen", d.h. von der
gräflichen Kammer vereinnahmt worden.
Im Herbst 1642 fand sich ein jüngerer Sohn vom Meierhofe wieder im
Dorfe ein, Meiers Dietrich, wie er allgemein genannt wurde. Er
ließ sich auf der leeren Hofstatt als Einlieger nieder und ver-
suchte etwas Land zu bestellen in der Hoffnung, den Hof nach und
nach wieder aufzubauen. Da er aber ohne Mittel war, kam er für das
Amt als Hoferbe nicht in Frage. Dennoch fühte er sich als Betreuer
seines väterlichen Hofes, wehrte die Diebe vom Hofe ab und die
Kuhhirten aus den Wiesen. Er war ein rabiater Kerl, wie er in jene
wilde Zeit paßte. Die Gerichtsakten sind voll von ihm; denn die
vögte und Bauerrichter saßen ihm immer auf der Pelle. Hier ein
Beispiel:
"Meiers Dietrich ist zur Fortbringung von Schanzpfählen bestellet,
aber als der Untervogt und der Bauerrichter ihn fordern wollen,
hat er ihnen einen Beutel mit Geld präsentiert und sich vernehmen
lassen, daß es Herrengeld wäre. Wollten sie das haben, so wäre es
da. Wenn er aber den Wistinghausen hätte, wolle er ihn mit der
Barte in den Balg hauen und die Därme sollten ihm um die Füße
fließen, oder er wolle ihn vor den Kopf schießen. Sie sollten ihn
nur angreifen und wenn auch der Antmann selbst da wäre, sollten
sie ihn wohl in Ruhe lassen!"
Die ganze Verbitterung des um sein Erbe betrogenen Mannes machte
sich hier Luft. Für diese wilde Rede bekam er das Urteil:
pe
"Hat nichts! Ad Carcerem und mit Wasser und Brot 14 Tage zu spei-
sen!' —_ en .
Dietrich schindete sich ab und suchte auf alle mögliche Weise Geld.
zu schaffen, um den Hof wieder in die Hände zu bekommen. Doch mit
seiner wilden, rücksichtslosen Art erreichte er nichts und machte
sich viele Leute im Dorf zu Feinden. "Dein Mann ist ein Landläufer
und Schelm und wäre wert, daß ihn die Bauerschaft aus dem Dorfe
steinige!" rief ein Nachbar seiner Frau zu. Im Jahre 1652 wird
Meiers Dietrich zum letzten Male in den Gogerichtsakten erwähnt.
wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist.
Im Jahre 1654 aber wurde der Meierhof neu besetzt. "Hermann Böke
von Erder und Ilsche Süllwaldt von Bentorf seyndt mit gnädiger
Bewilligung Johann Sandermanns Hoff zu Langenholzhausen eingetan.
Ist ein tief verschuldeter Hoff", so lautet das Gogerichtsproto-
koll. Als Wweinkauf mußten 18 Taler bezahlt werden.
So kam der Meierhof doch wieder in die rechte Hand, denn Hermann
Böke, nun der Meier Böke, war ein Enkel des alten Meier Johann
Sandermann, dessen Tochter auf Böken Hof in Erder geheiratet hat-
te.
Der Hof des Johann Rügge Nr. 2 hat ein ähnliches Schicksal gehabt
wie der Meierhof. Der Bauer starb im Jahre 1632. Für den noch
unverheirateten Hoferben Lüdeke Rügge führte die Witwe zunächst
den Hof weiter. Der große Brand von 1633 vernichtete alle Gebäude.
Berndt, der jüngere Sohn, ließ sich von den Schweden anwerben und
zog in den Krieg. Lüdeke und die Mutter kamen nicht mehr zum Neu-
bau des Hofes, der Schwarze Tod nahm sie hinweg.
Berndt Rügge war "mehrere Jahre dem Kriege nachgegangen", war aber
dann ohne ordnungsmäßigen militärischen Abschied in die Heimat
zurückgekehrt und stand im Januar 1637 vor den Trümmern seines
verbrannten Hofes. Er meldete sich beim Amte und erbot sich, den
Hof anzutreten und die laufenden Abgaben und Dienste zu überneh-
men. Viel Fleiß und Mühe hat er dann darangewandt, das Erbe seiner
Väter wieder hochzubringen, aber harte Schicksalsschläge machten
all sein Streben zunichte. Im Jahre 1656 trat er den Hof an seinen
Neffen, den Sohn seiner auf Schöttkers Hof in Erder verheirateten
Schwester ab. Die Gogerichtsakten melden darüber:
"Tönnies Schötker von Erder hat Berendt Rüggen abgetretenes
Vollspännergut zu Langenholzhausen angenommen und darauf des Bau-
errichters Nolte Daubstein Tochter zu Kalldorf zur Ehe genommen,
welche dasselbe verbessert mit 100 Taler, einem Pferd, einer Stu-
te, zwei Kühen und zwei Rindern, vier Schweinen, vier Malter Korn,
einem Brautwagen nach Landesgebrauch, einem halb beschmiedeten
Wagen und einem Ehrenkleid. "
Ist ein verdorben Gut. Weinkauf 8 Taler."
Bis zum Jahre 1668 hat Berndt Rügge noch als Leibzüchter auf dem
Hofe gelebt. Der neue Bauer, sein Neffe, nahm den alten Hofnamen
Rügge an, und so hat sich auch hier das alte Blut fortgeerbt bis
zum heutigen Tage. In meiner historischen Erzählung: "Berndt
Rügge, ein Bauernschicksal aus der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges" (Lippischer Derfkalender. 1950). ist das bewegte Leben
dieses Mannes eingehend geschildert.
Der Vollspännerhof des Tönnies Eilebracht Nr. 3 war beim großen
Brande 1633 ebenfalls vernichtet worden. In der Pestzeit hatte der
Bauer seine Frau verloren und lebte als Einlieger in dem kleinen
Kötterhause, welches er mühselig wieder erbaut hatte. Er verhei-
ratete sich ein zweites Mal, doch konnte die Frau nicht viel mit-
bringen, und der Hof lag weiterhin danieder. Der Bauer selbst
starb dann im Jahre 1623. Bei der ‚Erbteilung notierte der Amts-
schreiber:
"Tönnies Eylebracht, zwar ein verbrannter Meyer, doch Einlieger,
hat nachgelassen tägliche Kleider, zwei alte Bette, einen eisernen
Pott, ein Pferd, zwei Kühe, ein Kalb, zwei Ferken, 3 1/2 Morgen
mit Roggen besamet. nn Erbteil 1 1/2 Taler.
Im Verzeichnis vom Febraur 1647 heißt es: "Abgebrannt. Brauchet
die wittib". Es war kein Vieh und keine Wintersaat vorhanden, nur
2 Fuder Heu.
Der Hof ist erst sehr spät wieder besetzt worden. Im Jahre 1661.
erbot sich Hans Teleger aus Exten, der mit einer Frau aus
Langenholzhausen verheiratet war, den wüst liegenden Hof "anzu-
springen", nachdem andere Bewerber wegen der 490 Taler Schulden
vor der Übernahme zurückgetreten waren. Das Amt bewilligte Tegeler
einige Freijahre, doch sollte er die Schulden jährlich mit 10
Taler abtragen und binnen Jahresfrist ein neues Meierhaus bauen.
Der wohlhabende Bauer Hermann Brandt im Faulensiek griff ihm unter
die Arme und streckte ihm in seinen "großen Nöten zur Bezahlung
herrschaftlicher Lasten und zur Einkaufung von Brot- und Saatkorn"
nach und nach 160 Taler vor. Dagegen mußte ihm Tegeler, der den
alten Hofnamen Ehlebracht angenommen hatte, vier Morgen Ackerland
im Düstern Winkel an der Westerkalle verpfänden, die nie wieder
eingelöst werden konnten und ins Eigentum des Branätschen Hofes zu
Faulensiek übergegangen sind.
Der Hof ist lange Zeit nicht wieder hochgekommen. Einige in der
Nähe des Dorfes gelegene Ackerstücke sind mit Genehmigung der
Rentkammer an zahlungskräftige Kleinkötter verkauft worden. In
einem Schriftstück vom Jahre 1753 erfahren wir, daß der
Ehlebrachtsche Hof "bei die fünfzig Jahre schon ausgetan gewesen",
d.h. in Einzelpacht gegeben sei. Das Meierhaus sei ganz baufällig.
Im Jahre 1743 forderte ein jüngerer Sohn, der sich nach Eisbergen
verheiraten wollte, seinen Brautschatz vom Hofe. Der väterliche
Hof sei von langen Jahren her in schlechtem Zustande. Sein älte-
ster Bruder habe den Hof zwar vor etwa 18 - 20 Jahren angetreten,
sei damit aber nicht bemeiert. Der Bittsteller wird dann aus den
Pachtgeldern, "die jährlich einen ziemlichen Überschuß bringen",
abgefunden, während sein Bruder auf dem Hofe "mit Frau und Kindern
in höchster Dürftigkeit" lebte. |
Dennoch ist der Hof bis in unser Jahrhundert hinein im Besitz der
Familie Ehelbracht gewesen und ist erst nach dem Ersten Weltkriege
durch Heirat der Hoferbin in den Besitz des Landwirts Gustav
Flörkemeier aus Steinbrüntorf übergegangen.
Der Vollspännerhof des Hans Heldt Nr. 4 war um 1630 durch Einhei-
rat an Hans Reineking gekommen. Er stammte von der Stätte
Reineking Nr. 40, mit welcher die Dorfschäferei verbunden war. Der
Hof war damals in gutem Zustande. Da er oben im Dorfe an der Was-
serstraße lag, war er beim großen Brande verschont geblieben. Doch
in der Pestzeit waren die Eheleute gestorben. Die Akten berichten
darüber: |
"Hans Reinekingh genannt Heldt ist mit seiner Frau gestorben und
hat ein kleines Kind hinterlassen vom halben Jahr, welchem Vor-
münder: verordnet und haben dieselben, was an Korn in Vorrat gewe-
sen, zu Unterhaltung besagten Kindes und anderen nötigen Ausgaben,
laut darüber eingebrachter Rechnung, verwenden müssen. Hernacher
ist das Kind auch verstorben. Es haben sich in der Verlassenschaft
befunden 93 alte Schafe und 60 jünge Lämmer, welche bei der gnä-
digen Herrschaft Schafzucht gesetzet. Ferner 70 Hocken Roggen, So
mehrenteils von der Hessischen Armee im Feld zunichte gemacht. Den
übrigen hat der Vogt nach Hellinghausen führen und dreschen lassen
und seindt daraus gefallen 36 Himten, so daselbst zur Saat ge-
brauchet. 23. Taler stehen bei Lüdeken Hanken (Nr. 10) in Lände-
rei, 24 Taler bei Hans Saken Erben (Nr. 6) in Länderei, seindt
aber nicht zu bekommen".
Der vorstehende Bericht bedarf einer Erläuterung. Nach dem Aus-
sterben der anscheinend wohlhabenden Familie Held Nr. 4 zog der
Amtmann für den Grafen als Gutsherrn den gesamten Nachlaß an sich.
Die Schäferei aber brachte der Vogt Wistinghausen an sich. Doch es _
handelte sich hier um die uralte Langenholzhauser Dorfschäferei.
. Im Pestjahre 1636 hatte die Dorfschaft ihre Schäferei aus Not für
60 Taler dem zahlungskräftigen Hans Reineking oder Heldt versetzen
müssen. Nun war nach Heldts Tode mit dem sonstigen Nachlaß auch
die versetzte Schäferei an den Grafen gefallen. Der
geschäftstüchtige Vogt Wistinghausen aber hatten den "Pfandschil-
ling", die 60 Taler, der herrschaftlichen Kammer bezahlt und damit
das Pfand, die Schäferei, an sich gebracht. Damit aber brachte er
die Langenholzhauser in große Empörung. Die beschwerten sich beim
Grafen:
"Uns ist niemals in den Sinn gekommen, das beste Kleinod, damit
wir bei Mangel notdürftigen Viehes unsere Äcker begeilen und be-
£fruchten und unsere Lebensmittel damit berfördern können, aus
Händen zu geben. Der Vogt hat an der Schäferei kein Recht! Wenn
ihm die 60 Taler bezahlt werden, muß er sie wieder herausgeben!
Wenn er sagt, daß er die Schäferei solange behalten wolle, bis
alle wüsten Höfe und Plätze wieder besetzt sind, so ist das ein
gesuchter Grund. Er will uns armen Leuten zu unserm endlichen
Garaus und augenscheinlichen Verderben unsere Schäferei vorent-
halten! Unserer sind noch 28 Eurer Hochgräflichen Gnaden Leiban-
gehörige, die ebensowohl als er gerne leben wollen. Wenn wir die
Schäferei nicht wiederbekommen, müssen wir unsere Acker liegen-
lassen!"
Im Juli 1643 erhielt der Vogt den Befehl, die Schäferei gegen
Bezahlung der 60 Taler an die Gemeinde zurückzugeben, und bis ins
vorige Jahrhundert ist sie auch aufrechterhalten worden.
=“
"®
Was aber wurde nun aus ‚dem verwaisten Vollspännerhofe Heldt Nr. 42
Bereits 1642 wurden vom Amte erste Schritte zur Wiederbesetzung
unternommen. Aber in den schweren Kriegsjahren hatten sich die
rückständigen Kontributionen und gutsherrlichen Lasten so gehäuft,
daß Interessenten vor der Übernahme des Hofes zurückschreckten.
Auch scheint man es in Varenholz damit wohl nicht so eilig gehabt
zu haben. Im bereits erwähnten Bestandsverzeichnis. von 1647 heißt
es über den Hof:
"Wüste und leddig. Brauchet der Amtmann!" Dieser, welcher ja die
Hand- und Spanndienste der Bauern zur Verfügung hatte, ließ die
Felder des Hofes für sich bestellen und zahlte dafür in die gräf-
liche Kasse die fälligen Abgaben. Das war gewiß für ihn ein gutes.
Geschäft, und die Herrschaft kam auch zu ihrem Recht. So war dem
Herrn Amtmann die Wiederbesetzung des Hofes gewiß nicht so dring-
lich.
Die nächste Nachricht über den Hof stammt aus dem Jahre 1652. Im
Gogerichtsprotokoll heißt es: Ä |
"Henrich Flörke hat uff sein Vollspannergut zur Ehe genommen Jakob
Poppen selig hinterlassene Tochter Künnen. Sie bringt zu 90 Taler,
eine Kuh, ein Rind, zwei Schweine, 1 Molt Korn partim (d.h. 3
Scheffel Roggen, 3 Scheffel Gerste, 6 Scheffel Hafer), einen halb
beschmiedeten Wagen und einen Staten" (d. h. eine Zuchtstute).
Weinkauf 4 Taler
Der Vogt bemerkt dazu, daß sich der hof in schlechtem Zustand
befinde und der Weinkauf dem Bauern noch schwer. genug fallen wür-
de.
Es konnte bisher nicht festgestellt werden, woher dieser Henrich
Flörke stammte und wie er in den Besitz des früher Heldtschen
Vollspännerhofes gekommen ist. In Langenholzhausen war unter dem
Habichtsberge eine Kleinkötterstätte (später Nr. 30), welche wäh-
rend des großen Krieges in den Besitz eines Hans Flörke gekommen
war, von welchem es im Verzeichnis von 1647 heißt: "Lahm und lebet
der Almosen." Er starb 1652 und hinterließ außer seinen täglichen
Kleidern zwei Kühe und etwa 30 Taler in den Langenholzhauser Höfen.
Nr. 6 und 10. Es ist unwahrscheinlich, daß Henrich Flörke von
dieser Stätte stammte. Ohne ein größeres Eigenkapital hätte das
Amt den Vollspännerhof gewiß nicht fortgegeben. Wahrscheinlicher
ist es schon, daß Henrich Flörke von dem Vollspännerhofe Flörke in
Stemmen gekommen ist. Vielleicht läßt sich die Übertragung des
Hofes, die ja in den Jahren zwischen 1647 und 1652 erfolgt sein
muß, noch einmal feststellen. Auch die Herkunft der Frau ist nicht
nachweisbar. Daß sie von einem größeren Hofe stammte, bezeugte
ihre Mitgift. Doch im Amte Varenholz 1äBt sich Zu jener Zeit ein
Hof Poppe nicht nachweisen.
Der Vollspänner Henrich Flörke starb im Jahre 1687. Er hinterließ
4 Pferde, davon aber 2 nichts taugen, 4 Kühe und 1 Rind, eine Sau
mit 2 Ferkeln, 3 Betten, 1 Messingkessel und 1 eisernen Pott,
tägliche Kleider, 20 Schock Roggen, 6 Gerste, 9 Hafer, 3 Fuder
Rauhfutter und 20 Himten Wintersaat. |
An Erbteil wurde nur 2 Taler gezahlt.
Im Jahre 1699 starb "die alte Flörksche auf einem verdorbenen
Vollspännerhofe auf der Leibzucht." Sie hinterließ eine alte Kuh.
Im Jahre 1711 muß der Hof neu beweinkauft werden:
Remeyer s
pänne beweinkauf uf vor-
zeigen, will selbigen be na handlung schaffen. Zahlt 8
Taler, weiln das Wohnhaus ganz verfallen und notwendig zu repa-
rieren, auch der Hof in großen Schulden stecket."
Der Hof hat auch unter dem neuen Besitzer, welcher den Namen
ET ahm, noch schwere Zeiten durchmachen müssen. Er ist
im 18. Jahrhundert zeitweise auch elociert worden, d.h. in Ein-
zelpacht ausgetan. In den zwangziger Jahren unseres Jahrhunderts
ist er von der alten Hofstätte an der Wasserstraße verlegt, mit
der alten Großkötterstätte Nr. 16 vereinigt und auf dem Schlinge
in einer großen, modernen Hofanlage neu erbaut worden.
Der Vollspänner Christoph Höfer Nr. 5 starb in der Pestzeit,
nachdem der Hof beim großen Brande in Asche gesunken war. Ein
Bett, 4 Kissen, ein Pfuhl, eine Kiste, ein Kessel, ein Eisenpott,
18 Himten Roggen und sechs Himten Wicken, dazu eine Kuh, das war.
die ganze Hinterlassenschaft. "Alles weg!" heißt es am Schluß der
Aufzählung. Der Bruder Johann und die Schwester Lisabeth starben
ebenfalls fast zur selben Zeit, beide unverheiratet auf dem Hofe.
Ein Pferd hatte der Bruder Lüdeke weggenommen "und um der Gefahr
willen" für 7 Taler verkauft. Der Hof lag wüste, doch in der wie-
der erbauten Leibzucht lebte noch Christophs Witwe, hatte 1647 2
Kühe und ein Schwein, hatte sogar 2 Morgen Wintersaat in der Erde
und 3 Fuder Heu geerntet. "Es wird jetzt wieder einer auf den Hof
ziehen", heißt es schon im letzten Kriegsjahr.
Nun, es war noch der Sohn Jürgen Höfer da. Während der schlimmen
Jahre war er "ins Ausland verlaufen", kam aber schon um 1645 zu-
rück und machte sich auf der alten Hofstatt zu schaffen. Aus dem
Jahre 1652 erfahren wir dann:
"Jürgen Höver nimmt uff sein Vollspännergut Kıc rich
Margarethe und ist deren Zubringen 60 Taler, drei Kühe,
der und zwei Schweine." Weinkauf 4 Taler.
WR i Rin u
Bereits nach 15 Jahren starb Jürgen Höfer. Drei Pferde, zwei Kühe
und ein Bett waren sein Nachlaß. Er hatte viel Mißgeschick gehabt.
"Der ausgesamte Roggen ist vom Wetter ganz zerschlagen. Ist ein
verwüstetes Gut. Er ist lange krank gewesen und hat im verwichenen
Sommer, wie auch jetzo zur Wintersaat, nichts gesäet sondern hat
ihrem Schwager gegeben, sie zu unterhalten und andern damit zu
pflügen."
Die Witwe heiratete 1667 den Heinrich Reineking aus Kalldorf,
welcher 50 Taler, ein Pferde und eine Kuh mitbrachte. Doch
Reineking, der den Hofnamen Höfer annahm, heirate auf "ein ver-
dorben Gut" mit verfallenen Gebäuden. Auch er hat den Hof nicht
wieder hochbringen können, denn die rückständigen Schulden aus den
Kriegsjahren machten jeden Aufstieg unmöglich.
Im Jahre 1675 wurde der Hof in Einzelpacht ausgetan. Der Bauer
selbst behielt für eine Jahrespacht von 17 Taler 6 Groschen 6
Pfennig die Oberwiese, den Kamp zu Obernholsen, Teile vom
Habichtsberger Lande, vom Schürenkamp und vom Südenkampe. Alle
woche hatte er zwei Tage Handdienst für die Herrschaft zu ver-
richten, jeder Tag wurde ihm mit 2 1/2 Groschen gutgeschrieben.
Die gesamte Verpachtung des Hoflandes erbrachte jährlich 33 Taler
4 Groschen 9 Pfennig. Dem aber standen an Abgaben und Diensten
gegenüber: 60 Taler 23 Groschen, so daß ein jährlicher Fehlbetrag.
von 27 Taler 18 Groschen 3 Pfennig entstand. Eine Aufteilung bzw.
Verkleinerung des Hofes wurde daher unausweichlich. Sie ist im
Jahre 1755 erfolgt. 18 Kleinkötter haben Land von dem ehemals etwa
155 Scheffelsaat großen Vollspännerhofe bekommen, von welchem ein
Resthof von etwa 55 Scheffelsaat erhalten blieb. Ä
Der Vollspänner- oder Meierhof Nr. 6 (jetzt Erhard Kreinjobst,
Heidelbecker Str. 9) hatte im 16. und 17. Jahrhundert wiederholt
den Besitzer gewechselt (s. S. ). Als 1633 der große Brand den
Hof zerstörte, war Hans Sake, der letzte Inhaber, bereits gestor-
ben. Zwei Söhne waren in den Krieg gezogen und waren nicht zu-
rückgekehrt. Die Witwe saß recht kümmerlich auf dem wüst liegenden
Hofe. Sie starb an der Pest und das Gerichtsprotokoll vermerkt:
"Sie hat nichts hinterlassen, nur 24 Hocken Roggen, so vom
Kriegsvolk ausgedroschen. Es ist alles wüste und alles weggenon-
men." |
Einer der vielen Gläubiger war Berendt Nagel, wahrscheinlich ein
jüngerer Sohn vom Hofe Nr. 11, welcher es in der Kriegszeit zu
etwas Geld gebracht und es dem Hans Sake gegen Verpfändung von.
Garten- oder Ackerland geliehen hatte, wie das damals üblich war,
nahm sich des verwaisten Hofes an. Da aber das Amt die hohen
rückständigen Zinsen, Kriegssteuern und Abgaben forderte, konnte
er den Hof nicht übernehmen. Nach dem Kriege wurde Hermannus Blu-
me, wohl ein Sohn des herrschaftlichen Amtsschreibers auf Schloß
Varenholz, als Konduktor auf den Hof gesetzt. Er setzte den Hof
wieder instand und brachte auch durch Abfindung der betreffenden
Gläubiger das meiste Hofland wieder zurück. Aber auch er konnte
den Hof nicht übernehmen. Sein Nachfolger als Konduktor war
Henrich Strate. Im Jahre 1661 bat er, ihm den Hof aufs neue für
einige Jahre zu verpachten. Wenn sich dann noch niemand gefunden
hätte, der den Hof anspringen könne, so wolle er ihn erblich
übernehmen.
Doch es ware noch 26 Gläubiger da, welche zusammen 550 Taler zu
fordern hatten, und die rückständigen herrschaftlichen Gefälle
betrugen abermals 472 Taler. Das Amt verpachtete dem Strate den
Hof nochmals auf 8 Jahre für eine Jahrespacht von 44 Taler. Er
sollte den Hof in gutem Zustand halten und ihn nach Möglichkeit
auch noch verbessern. Er erhielt auch die Zusage, daß er nach
dieser Pachtzeit vor allen andern Bewerbern den Hof meierstättisch
erwerben könne.
Aber nach zehn Jahren saß Strate noch als Konduktor auf dem Hofe.
Er konnte die hohen Schulden nicht übernehmen und wollte auch nur
die Hälfte der Dienste und Abgaben leisten. |
"Ss.
Um 1680 ist der Hof dann in den Besitz der Familie Kleinschmidt
gekommen, welche ihn bis ums Jahr 1906 besessen hat. Die näheren
Umstände der Hofübernahme, wie auch das Herkommen der Familie
Kleinschmidt, welche vor 1680 in Langenholzhausen nicht nachzu-
weisen ist, konnte ich bisher nicht feststellen. Der 1906
zwangsweise verkaufte Hof wurde von dem damaligen Gemeindevorste-
her, Hausschlachter und Stättebesitzer Nr. 17 Friedrich
"Kreinsjobst erworben.
Der Vollspännerhof Henrich Hanke besteht nicht mehr. Die Länderei
ist aufgeteilt worden. Doch die Hofstatt liegt noch im Dorfe, und
der Name des einstigen Besitzers ist sogar noch in einer Inschrift
auf der Diele des Hofes Heinrich Hieronymus Nr. 10, Habichtsberger
Straße 12, wenn auch unvollständig, erhalten. Der Heimatforscher
Otto Preuß aus Detmold hat ihm 1873 noch über dem großen Ein-
fahrtstor des Hofes gesehen und neben der Jahreszahl 1588 die
Worte entziffern können:
"HINNERICK HANKE UNDE ELISE SIN FRUWE HEBBEN DUT GEBUWE..."
Der Hankenhof hat nur etwa 150 Jahre bestanden und ist während der
großen nordlippischen Rodungszeit unter dem Landdrosten Reineke de
wend um 1530 gegründet worden. Das Hofland war vorwiegend "de .
Grobenbreun", die Grafenbreite, welche damals gerodet und unter
den Pflug genommen wurde. Die Hofstatt, der heutige Hof Hierony-
mus, wurde am damaligen Dorfrande unter dem Habichtsberge ange-
legt. Auf etwa 70 Morgen wurde der Hof im Salbuche von 1614 ge-
schätzt. M
Doch im Jahre 1627, während des großen Krieges, als der Hof schon.
mehrere schwere Plünderungen durchgemacht hatte, da hat Henrich
Hanke, um dem Wüten des wilden Kriegsvolks zu entgehen und näher
bei seinen Ländereien zu sein, seinen Hof auf die Brabenbrede
verlegt. Aber der Krieg und der Schwarze Tod haben ihn und die
Seinen auch dort erreicht. Als Letzte starb im Pestjahr 1636:
"Henrich Hanke, Vollspänners Wittib. Hat nachgelassen nichts als
zerschlagen Hausrat, eine Kuh und ein Kalb." Erbteil 1/2 Taler.
Im letzten Kriegsjahr, nach langer Abwesenheit, kam ein Sohn des
Hofes zurück. Er hatte es im Kriege zum Offizier gebracht und
wurde im Dorfe allgemein als "Kapitänleutnant Hanke" bezeichnet.
Mehrere Jahre hat er versucht, den väterlichen Hof auf der
Grabenbrede wieder in Schwung zu bringen, doch seine Mittel
reichten nicht aus, und er fand auch bei den Langenholzhausern
seines herrischen Benehmens wegen auch keinen Anklang. So kehrte
er denn der alten Heimat aufs Neue den Rücken. Die Hofstatt aber
fiel Plünderern und Holzsuchern zum Opfer. Nichts ist mehr von ihr
zu sehen, und niemand weiß mehr, wo sie gelegen hat.
Denn den Grabenbreder Hof wollte nach dem großen Kriege keiner
übernehmen. Er lag zu weit vom Dorfe ab, das Land war auch nicht
besonders, und in trockenen Sommern mußte man das Wasser für
Menschen und Vieh sogar aus dem Dorfe holen. So kam man denn im |
Jahre 1677 an der Rentkammer in Detmold zu dem Entschluß, das Land
des Hankenhofes auf der Grabenbrede in acht Parzellen aufzuteilen.
Es meldeten sich auch genügend Langenholzhauser Kleinkötter, und
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nach genauer Vermessung des Landes und Berechnung der jährlichen
Abgaben von je 4 Taler 24 Groschen 9 Pfennig sowie 3 Groschen
Zehntgeld an die Kirche wurde das Land an die acht Kleinkötter
Büker Nr. 33, Depping Nr. 40, Wehrmann Nr. 44, Domeier Nr. 50,
Rosemeier Nr. 53, Kater Nr. 54, Krumme Nr. 57 und Hanke Nr. 63
aufgeteilt. Sie wurden im Dorfe als die "Grabenbredemeiers" be-
zeichnet und erhielten bei der alljährlichen Brennholzverteilung
auch je eine Klafter extra, die sogenannte "Grabenbredeklafter".
Doch was wurde aus der alten Hankeschen Hofstatt am Habichtsberger
Wege, und wie kam sie in den Besitz des Hofes Hieronymus _ Nr. 10 ?
Der Bauer Henrich Hanke, welcher 1627 seine Hofstatt auf die
Grabenbrede verlegte, hatte einen Bruder namens Lüdeke Hanke.
Dieser war durch Einheirat Inhaber des Halbspännerhofes Krumme Nr.
10 geworden. Die Hofstatt lag an der Nordseite der Krämerstraße,
etwa in gleicher Höhe wie der Hof Nagelsmeier Nr. 11 an der
Hauptstraße. Die beiden Höfe waren im Mittelalter ein großer
Vollspännerhof, "der Potthof" gewesen (s. S. |) und waren unter
der Wendschen Herrschaft geteilt worden. Das Wohnhaus des Lüdeke
Hanke oder Krumme war baufällig, und er kam mit seinem Bruder
Henrich überein, daß ihm dieser, der ja nach der Grabenbrede
ziehen wollte, seine Hofstatt an der Habichtsberger Straße abtrat
und dafür Lüdekes Hofstatt an der Krämerstraße bekam. Henrich
Hanke hat dann die Hofstatt an der Krämerstraße mit Zustimmung der
Herrschaft in mehrere Kleinkötterstätten aufgeteilt. Es sind die
heutigen Stätten Höfemeier Nr. 43, Telm Nr. 50, Busch Nr. 96,
Kater Nr. 54 und die vor etwa 60 Jahren eingegangene Stätte Telm:
Nr. 64.
Nur wenige Jahre hat Lüdeke Hanke auf der alten Hofstatt seines
Bruders Henrich gewohnt. Er starb im Pestjahr und hinterließ nur
"ein Bette", so daß von der Witwe nur 1/4 Taler Erbpacht gefordert
_ wurde. Auch sie muß bald darauf gestorben sein, denn im Register
von 1647 wird von dem Hofe vermerkt:
"Leddig und wüste. Brauchet Johann Nagel"
Dieser Johann Nagel war Besitzer der Mittelkötterstätte Nr. 23
(Später Ottemeier). Den Hof des Lüdeke Hanke aber hat er nicht
erwerben können.
Im Jahre 1651 tauchte in den Akten zum ersten Male der Name Hie-
ronymus Brandt auf. Er war schon damals im Besitz des Hofes, und
er setzte sich im Dorfe mit großer Energie durch. Sein festes,
energisches Wesen läßt darauf schließen, daß er nicht ohne Mittel
war. Sonst hätte er den wüste liegenden Hof auch nicht übernehmen
können. Doch ist in den Detmolder Akten über die Hofübernahme
nichts zu finden. Aufklärung gab mir jedoch eine alte Urkunde,
welche sich in Abschrift im Besitz der Familie Hieronymus befin-
det. Der frühere Besitzer des Hofes, Simon Hieronymus, zeigte sie
mir zur Verwertung im Jahre 1932. Es handelt sich um einen soge-
nannten Freibrief, ausgestellt am 27. Februar 1700 von dem Drosten.
und dem Rentmeister des Amtes Vlotho für Hieronymus Brand und
dessen beide Schwestern Anna Margarete und Elsabein. Sie stammten
"yon Hancken zur Krummen Mühlen" und waren dem Kurfürsten Fried-
rich III. von Brandenburg (1688 - 1713, ab 1701 König Friedrich I.
in Preußen) leibeigen. Hieronymus und seine Schwester Anna Marga-
rete waren in Langenholzhausen in der Grafschaft Lippe jetzo
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wohnhaft, die andere in aber in Exten in der Grafschaft Schaumburg
sich verheiratet. Für ihre Freilassung hatten sie dem Rentmeister
des Amtes Vlotho neun Goldgulden bezahlt. Die Freilassung soll den
genannten Personen jederzeit, wenn das auch in Zukunft für nötig
befunden wird, bestätigt werden.
Diese Urkunde ist eine solche Bestätigung, denn die eigentliche
Freilassung lag ja schon ein halbes Jahrhundert zurück, und Hie-
ronymus Brand war bereits 1665 in Langenholzhausen gestorben.
wahrscheinlich war die alte Freilassungsurkunde verlorengegangen,
die Bestätigung aber wurde wahrscheinlich für einen seiner Nach-
kommen benötigt, welcher sich im benachbarten Preußen niederlassen
wollte.
Bemerkenswert ist die Herkunft des Hieronymus Brand von Hancken
zur Krummen Mühle im Amte Vlotho. Vermutlich hatte ein Sohn des
Lüdeke Hanke in Langenholzhausen auf das Kolonat Brand zur Krummen
Mühle im Amt Vlotho geheiratet, hatte dort den Kolonatsnamen Brand
angenommen, und sein Sohn Hieronymus Brand trat nach dem Ausster-.
ben der Familie seines väterlichen Großvaters Lüdeke Hanke dessen
Erbe, den Hof Nr. 10 in Langenholzhausen an. Das erklärt auch sein.
selbstbewußtes, auf die Erhaltung und Mehrung seines Besitzes
bedachtes Auftreten im Dorfe. Seine Schwester Anna Margareta ist
' mit ihm nach Langenholzhausen gekommen und hat wahrscheinlich
vorerst mit ihm den verkommenen Hof instandsetzen helfen.
Nur etwa 14 Jahre rastloser Wirksamkeit waren dem Hieronymus Brand
in Langenholzhausen vergönnt. Als er im Jahre 1665 starb, war
jedoch sein Hof gut im Stande. Er hinterließ 6 Pferde, 3 Kühe, 4
Schweine, einen beschmiedeten Wagen, 12 Morgen Roggensaat, 2 Kes-
sel, 1 Pott, 2 Betten, alte tägliche Kleider, keine ausstehenden
Gelder, aber noch teinige Schulden und 5 kleine Kinder. Seine Frau
lebte noch. An Erbteil mußten 8 Taler bezahlt werden.
Sein Vorname Hieronymus war den Langenholzhausern so fremdartig,
daß sie den im Dorfe und in der Nachbarschaft ja mehrfach vorkom-
menden Familiennamen Brand oder Brandt bald ganz fortließen. Sein
Sohn und Nachfolger wurde 1670 Hieronymus Meier genannt, 1694 wird
"die alte Hieronymusmeiersche!" erwähnt. Alles Außergewöhnliche
aber imponiert auch. Wahrscheinlich ist der zweite Hieronymus auch
Pate gewesen bei Hieronymus Höfer und Hieronymus Grefe, welche in
der nächsten Generation auftreten. Aber der Volksmund liebt auch
die Abkürzung. Er wandelte den Hieronymusmeier in Grolmsmeier um.
Doch die amtliche Bezeichnung Hieronymus ist geblieben.
Den Vollspännerhof Kreyenmeier hat das gleiche Schicksal erreicht
wie den Hankenhof. Auch er ist nach dem großen Kriege aufgeteilt
worden. Der mitten im Dorfe auf einer kleinen Anhöhe, einem Brinke
gelegene Hof hieß ursprünglich der Brinkhof. Hans upm Brinke war
noch um 1600 Inhaber des Hofes. Seine Witwe Anneke vom Eilbrachts
Hofe heiratete um 1602 in zweiter Ehe den Henrich Kreienmeier aus
dem Amte Vlotho. Er stammte von einem großen Hofe und gab seinen
Geburtsnamen nicht auf, wie das sonst üblich war, wenn ein Mann in
einen Hof einheiratete. So wurde aus dem Brinkhof der Kreienhof.
Schon in den ersten Kriegsjahren hatte der Hof, welcher ja sehr
nahe an der Heerstraße lag, stark gelitten. Kreienmeier hatte
viele Darlehen bei andern Leuten aufnehmen und manches Ackerstück
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dafür verpfänden müssen. Beim großen Brande wurde der Hof völlig
überstanden.
Im Jahre 1652 heißt es in einem Protokoll:
Aber wenig ‘später heißt es:
Und dann:
Im Jahre 1654 erzählen die Akten:
Vollspännergut angenommen und bezogen."
aber 1659 berichtet der Amtmann:
und nasser Länderei der geringste. Es haben innerhalb von vier
endlich desselben Schwiegersohn, nachdem sie sich nicht länger
vernichtet. Doch die Familie Kreimeier selbst hat den ganzen Krieg
"Cordt Osterlohe von Heidelbeck will sich an Henrich Kreyemeiers
Tochter Margreten befreien und will Kreyemeier nach Verlauf von
zwei Jahren ihm sein Vollspännergut überlassen und ist dessen _
Zubringen 100 Taler und was ihm sonst von seiner Eltern Kottstätte
hiernächst zufallen möchte. ” |
"Kreyemeier will das Haus noch nicht abtreten und ist die Hochzeit
noch nicht vollzogen. " :
Und wieder ein halbes Jahr später: Ä
"Osterloh will den Hof nicht, annehmen."
"Osterloh hat vor der Hochzeit bei seiner Frau geschlafen "
weil er das Mädchen dann doch geheiratet hatte, kam er mit 5 Taler
Strafe davon. Aber den noch immer wüst liegenden Kreienhof hat er
nicht angetreten.
"Schmedt Henrich hat mit gnädiger Bewilligung Kreyenmeiers
"In Langenholzhausen liegen noch immer etliche Höfe öde und wüste,
unter welchen des Kreyenmeiers Vollspännergut wegen untauglicher
Jahren drei Meier, nämlich der Kreyenmeier, Schmedt Henrich und
drauf erhalten können, davongemachet und weggelaufen."
Doch nun erklärte sich der Langenholzhauser Untervogt Dietrich
Meyer bereit, den Hof anzuspringen, wenn er für sich und seine
Kinder - außer dem Hoferben - die Leibfreiheit behalten könne,
wenn ihm die Hälfte der Dienste erlassen würde wie den
Halbspännern und wenn ihm ein Freijahr gewährt werde.
Es ist möglich, daß dieser Untervogt Dietrich Meier der gleiche
Mann war, der als jüngerer Sohn vom Meierhofe vergeblich versucht
hatte, den Hof seiner Väter wieder in seine Hand zu bringen
(Ss. S. ). Das Amt kam ihm weit entgegen, aber die Hartnäckigkeit
der Rentkammer, welche auf der Übernahme der alten Schulden und
rückständigen Abgaben bestand, machte hier wie auch in vielen
anderen Fällen eine Einigung unmöglich. Auch die Verhandlungen mit
einem anderen Bewerber des Kreienhofes kamen nicht zustande.
So entschloß man sich endlich im Jahre 1669 zur Teilung des Hofes.
Der letzte Bewerber des Hofes, Hermann Schweinebart, sprang den
halben Hof als Halbspännergut an. Engelke Klocke aber und der gut.
situierte Amtskoch Meister Cordt Höning erwarben das dritte und
vierte Viertel des Hofes als Großkötterstätten.
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Im Jahre 1687 heiratete Schweinbarts Tochter Margrete den Bartold
Sake aus Bentorf, welcher 60 Taler und mehrere Sack Korn mit-
brachte und das Restgut, die Hälfte des alten Kreienhofes, an-
scheinend auch wieder in Schwung brachte. Bu
Auch Engelke Klocke hielt sich gut. Er wurde von Amte als Poli-
zeidiener - damals sagte man Fußknecht - angestellt und genoß
Respekt im Dorfe. Seine Tochter Anna Ilsabein heiratete im Jahre
1677 den Jobst Schleef vom preußischen Lichtensberge mit 40 Taler
verbesserte. nn .
Cordt Höning war ein ausgebildeter Küchenmeister und hatte das
Privilegium, auf Hochzeiten, Kindtaufen, Beerdigungen, Hausrich-
tungen und sonstigen Festlichkeiten im ganzen Anmte Varenholz das
Essen zu besorgen und anzurichten.
so schien also auf dem alten Brinkhofe oder Kreienhofe alles wie-
_ der rundzugehen. Doch auf dem Resthofe, der ja nun ein
Halbspännerhof war, wurden die Lasten immer noch zu schwer. So kam
es dort im Jahre 1691 zu einer nochmaligen Teilung, so daß nun
vier Kötterstätten vorhanden waren, von welchen drei den alten
Hofnamen noch lange Zeit fortgeführt haben. nn
In dem Salbuche vom Jahre 1721 sind es die Stätten:
Nr. 13 Barthold Kreie oder Krämer mit etwa 37 Scheffelsaat
Nr. 14 Fritze Kreie oder Kreimeier mit etwa 37 Scheffelsaat
Nr. 17 Jobst Schleef oder Kreienjobst mit etwa 22 Scheffelsaat
Nr. 18 Jobst Höning mit etwa 18 Scheffelsaat
Der alte Halbspännerhof des Simon Brandt Nr. 7 lag bis vor etwa
zwei Jahrzehnten mitten im Dorfe am Ostufer der Kalle. Der herr-
schaftliche Weg von Detmold nach Varenholz und die Heerstraße von
Lemgo nach Rinteln führte über den Hof. Wenn bei Regenwasser oder
in der Schneeschmelze das Wasser aus den Buschtriften, vom
Kreienhofe und vom Osterkampe über den Hof weg der Kalle zuströmte
und wenn diese gar Hochwasser führte, dann waren Hof und Straße
eine Morast. Manche Kanone und mancher Marketenderwagen des großen
Krieges, aber auch manche herrschaftliche Kutsche sind hier stek-
kengeblieben und mußten von Langenholzhauser Knechten und Bau-
ernpferden aus dem Drecke gezogen werden. Erst im Jahre 1779 ist
die alte Landstraße durch Langenholzhausen vom Bollweg bis unten
in die Plaseke mit einem festen Kopfsteinpflaster versehen worden.
Ums Jahr 1620 hatte Daniel Wehemeier auf den Hof geheiratet, der
nahm den Hofnamen Brandt an, hatte aber, weil schon damals größere
Schulden auf dem Hofe waren, kaum sein Auskommen. Beim großen
Brande war der Hof als einer der ersten in Flammen aufgegangen,
und die Pest hatten den Bauern weggenommen. Seine Witwe hat sich.
noch längere Jahre kümmerlich durchgeschlagen, während ihr Vater,
der Leibzüchter Simon Brandt, vor dem Schwarzen Tod aus dem Dorfe
geflohen war. Über sein Ende erfahren wir aus dem Jahre 1639:
"simon Brandt, Leibzüchter, ist im Land Braunschweig gestorben und
hat allda die Almosen gesuchet." bau
Im Verzeichnis von 1647 heißt es über den Hof:
Ei
"Abgebrannt. Brauchet Henrich Rügge. "
Das war der Müller, 2 Fuder Heu hatte er geerntet.
Im Jahre 1651 fand sich ein kapitalkräftiger Bauernsohn, Jürgen
Süllwaldt vom Vollspännerhofe in Bentorf, der den Hof ansprang. In
den Gogerichtsakten heißt es:
"Jürgen Süllwaldt ziehet zu seligen Daniel Brandts Tochter Anneken
uff ihr Halbspännergut, welches ohnbebauwet und abgebrannt. Sein
Zubringen ist 200 Taler und was er sonst von seinen Eltern wegen
zum Anteil bekomnt. " Bu Weinkauf & Taler.
Er und auch noch sein Sohn Christian Brand haben sich sehr bemüht,
die versetzten Ackerstücke wieder in den Besitz des Hofes zu
bringen. Die Hofstatt ist in unserer Zeit bei der großen Flurbe-
reinigung auf altes Hofland im vorderen Pferdebruche verlegt wor-
den, die alte Hofstatt, Hauptstraße 19, wurde von dem Schmiede-
meister Linneweber erworben. .
Der. Halbspännerhof des Henrich Heldt Nr. 8 war 1633 vom großen
Brande verschont geblieben, doch der Schwarze Tod hatte den Hof
nicht überschlagen. Der Besitzer muß in guten wirtschaftlichen
Verhältnissen gewesen sein, bevor auch ihn das wilde Kriegsvolk
ausgeplündert hatten. In der langen Liste der Erbteilungen aus der
Pestzeit heißt es:
"Henrich Heldt, Halbspänner, und seine Frau gestorben. Haben hin-
terlassen: Ein Bette, einen halb beschmiedeten Wagen, einen Pflug,
zwei Eggen, 9 Schock Gerste, 7 Fuder Rauhfutter im Stroh, so vom
Kriegsvolk ganz zunichte gemachet. 55 Taler bei Henrich Hanken,
Land dafür in Versatz, 13 Taler, so er der Dorfschaft in Kriegsnot
an Gersten fürgestreckt. "
Der Sohn Hans Heldt übernahm den Hof und heiratete 1637 Catharina |
Busekros aus Kalldorf, welche 140 Taler Bargeld und an Vieh "aller
Teile vier" zubrachte. Im Jahre 1641 sah sich Hans Heldt jedoch
genötigt, sein "weit abgelegenes steiniges Kornfeld" mit Genehmi-.
gung der Herrschaft zu verkaufen, um seine Kriegssteuern und son-
stigen Abgaben bezahlen zu können. Doch im Verzeichnis von 1647
stand der Halbspännerhof des Hans Heldt von allen Langenholzhauser
Höfen am besten da. Er hatte 4 Pferde, 3 Kühe, 6 Schweine, 13
Scheffelsaat mit Winterkorn besät, 2 Fuder Heu eingebracht und
zahlte mit monatlich 3 Taler 24 Groschen die höchste Kontribution
im Dorfe! Die Akten jener schweren Kriegs- und Nachkriegszeit
berichten von diesem Hofe nicht viel, und auch das ist ein gutes
Zeichen.
Marie Kreinjobst geborene Held lebt noch heute als Letzte dieses
uralten Langenholzhauser Bauerngeschlechts auf der Hofstatt ihrer
Vorfahren.
Auch der Halbspännerhof des Lüdeke Sandermann Nr. 9 ist heil durch
den großen Krieg hindurchgekommen; auch er blieb vom Dorfbrande
verschont. Im Jahre 1632 hat Lüdeke Sandermann, nach dem Tode
seiner Frau, den Hof an seinen Sohn Hermann übergeben. Es soll
hier vermerkt werden, daß der Großvater dieses Hermann, Johann
Sandermann, zwischen 1565 und 1568 vom Hofe Sandermann in Selsen
gekommen war, wo die Familie bereits seit 1488 urkundlich nachzu-
weisen ist. Von Johanns Söhnen übernahm Lüdeke den Hof Nr. 9, der
Sohn Johann aber erhielt von der Herrschaft um 1600 den frei ge-
wordenen Meierhof Nr. 1. Bei den Sandermanns in Selsen ist seit
Jahrhunderten der Vorname Hermann für den Hoferben üblich. Daß
1632 nun auch in Langenholzhausen wieder ein Hermann Hoferbe wur-
de, bezeugt die Verbundenheit der Familie, welche auch sonst ur-
kundlich nachzuweisen ist. Ä
.
Hermann Sandermann heiratete 1632 die Anneke Heldt vom
® Vollspännerhofe Nr. 4, welcher damals noch in Glanz stand. Ihre
Mitgift sollte 160 Taler Bargeld und von allen Viehteilen sechs
betragen, eine Prachtaussteuer in jener Zeit. Aber sie ist nie
ausgezahlt worden. Auf beiden Höfen, die ja benachbart waren, war
bald nichts mehr da. Sandermanns Hof war ja der erste Hof im
Dorfe, an welchem die Kriegsvölker vorbeizogen, welche von Lemgo
die alte Heerstraße im Bollweg herunterkamen. Als in der Pestzeit
® der Vater Lüdeke und die junge Frau Anneke gestorben waren, da
„notierte der Amtsschreiber, welcher die Hinterlassenschaft auf-
nahm:
"Alles weg durch den Krieg. Es herrscht große Armut. Der Hof liegt
wüste. Der Frauen Brautschatz ist noch in Hans Heldst Hofe (Nr.
4), wo auch alle leddig verstorben."
Hermann Sandermann aber hat sich dennoch redlich durch den Krieg
z hindurchgebracht, hat seine Abgaben entrichtet, so gut er konnte
und ist mit dem Amt nur selten in Streit geraten. Aber gegen un-
N zumutbare Befehle hat er sich zur Wehr gesetzt. Als im Oktober
. 1645, zur Saatzeit, die lippische Herrschaft hier eine mehrtägige
| große Treibjagd auf Hirsche, Sauen und Wölfe veranstaltete und die
Bauern als Treiber bestellen ließ, da blieben Hermann Sandermann
und sein Nachbar Johann Nagel (Nr. 23) aus. Sie wurden angezeigt,
sagten aber am Gogericht: "wir mußten unsere Wintersaat in die
Erde bringen. Wenn wir Treiber spielen sollen, können wir keine
Kontribution bezahlen." Und als die beiden im letzten Kriegsjahre
wegen der schwedischen Kriegsvölker nach Rinteln auf Kundschaft
gehen sollten, da haben sie sich auch geweigert. Sie wären Bauern
und keine Spione, haben sie gesagt.
Im Verzeichnis von 1647 steht Hermann Sandermann mit 3 Pferden, 3
Kühen, 1 Schwein, 12 Scheffelsaat Winterkorn, 1 Fuder Heu und 2
Taler 1 Groschen Kontribution angeschrieben.
Bald nach dem Kriege wollte man dem Hermann Sandermann nochmals
a ans Leder. Ein übereifriger Bauerrichter, welcher auf behördlichen
nz Befehl für freie Durchfahrt durchs Dorf sorgen sollte, dabei aber
| "aus Mutwillen in und außerhalb des Dorfes viele Zäune frevelmütig
abgehauen und niedergerissen" und auch vor Sandermanns Hofe Platz
machen wollte, kam bei Hermann damit nicht durch. "Der Zaun hat 18
Jahre so gestanden und steht keinem im Wege. Er bleibt stehen!"
hat er gesagt und ist damit durchgekommen.
“ In Langenholzhausen wie auch in Selsen sitzt noch heute das alte
Bauergeschlecht der Sandermann auf dem Erbe der Väter. Möge es |
noch lange weiterblühen!
re
wi
®
Über den Halbspännerhof Hieronymus Nr. 10 wurde bereits eingehend
berichtet. (s. Ss......).
Der Halbspännerhof Nr. 11 Nagelsmeier hat in den Urkunden des 16.
und 17. Jahrhunderts wiederholt seinen Namen gewechselt, aber
bereits von 1535 bis 1572 hieß der Besitzer bereits Nagel, und die
späteren Hofinhaber Hermann und Tileke Hornemann und Hermann
Brakhage, welche zwischen 1590 und 1636 auf dem Hofe saßen, waren
Einheirater und Interimswirte. Brakhage hatte 1616 die Witwe des.
Tileke Hornemann geheiratet und war samt seiner Frau in der Pest-
zeit gestorben. "Nichts hinterlassen!" steht geschrieben. Das.
Register von 1647 vermeldet über den Hof: "Wüste und abgebrannt.
Brauchet Henrich Nagel." .
_ Mit diesem Henrich Nagel tritt in den Akten seit langen Jahren
wieder der alte Hofname auf, und den Familienzusammenhang erfahren
wir im nächsten Gogerichtsprotokoll, in welchem es heißt:
"Henrich Nagel hat seines seligen Vatters hinterlassenes ver-
branntes Halbspännergut angenommen." Weinkauf 3 Taler.
Henrich Nagel hat um die Wiederherstellung seines Besitzes einen.
jahrzehntelangen Kampf führen müssen. Viel Hofland war versetzt
und verkauft worden, und die neuen Besitzer oder Pfandinhaber
fühlten sich natürlich durchaus als rechtmäßige Besitzer. Aber die
Wiederherstellung der Höfe lag ganz im Interesse der Herrschaft,
und in den achtziger Jahren erging eine Verfügung, daß alle solche
Grundstücke an die betreffenden Höfe zurückgegeben werden sollten.
Hier ein Beispiel von vielen: . |
Dohmeier (Nr. 50) hat von Johann Henrich Nagels Hofe ein großes
Stück Landes im Westerfelde für 36 Taler untergehabt. Dohmeier
bringt ein Schriftstück aus dem Jahre 1624 bei, worin mitgeteilt
wird, daß Hermann Brakhage, damaliger Besitzer von Nagels Hofe, in
seinen höchsten Nöten und Kriegspressuren, die gnädige Herrschaft
gebeten, ein Stück Land zu verkaufen, und sei darauf der Verkauf
eines Stückes von 1 1/2 Himten im Westerfelde für 36 Taler ge-
stattet. (Es folgen nähere Bestimmungen wegen des Zehnten usw.)
Nach längeren Verhandlungen ergeht nun am il. Februar 1686 der
folgende Bescheid: "Ggohann Henrich Nagel nimmt sein Land ohn jeg-
liches Entgelt von Stund an wieder in Bewirtschaftung!" .
Doch der Schwager des Dohmeier, Jobst Henrich Wehrmann,
Brandenburgischer Korporal, welcher das Land innehat, erwirkt beim
Gogericht ein Mandat, nach welchem Wehrmann in seinem Besitz nicht
gestört werden solle. Aber Nagel wendet sich gegen diese Verfügung
des Gogerichts. Darauf ergeht folgende allgemeine Verfügung der
Regierung:
"Alle Handlungen und Vergleiche, welche wider die Ordnung und das
Interesse der Höfe und unser selbst eigenes aufgerichtet und zum
Ruin der Untertanen gereichen, sollen aufgehoben werden! Die Un-
tertanen sollen deshalb auch nicht zu weitläufigen Prozessen ge-
nötigt werden, und dem Beschwerdeführer Nagel soll ein so widriger
Bescheid nicht gegeben werden! Das Hofgericht soll ein für allemal
danach handeln!
Diese Verfügung vom 03. August 1687 brachte in Langenholzhausen
manches verpfändetes oder verkauftes Stück Garten- und Ackerland
an die alten Besitzer zurück. . | =
Der Halbspännerhof des Hermann Hanke _ Nr. 12 hatte sich von 1507 an
in fünf Generationen vom Vater auf den Sohn vererbt. Der Hanken
gab es einst viele im Dorfe, doch heute ist keine der alten
Hanken-Familien mehr ansässig. Zur Zeit des großen Krieges gab es
den Vollspänner Henrich, den Halbspänner Hermann, die beiden.
Großkötter Hans und Nolte, den Mittelkötter Ernst, die Kleinkötter
Engelke, Johann und Hermann und die Einlieger Johann und Henrich
Hanke. Wahrscheinlich sind alle diese Hanken auch miteinander
verwandt gewesen. nn
Der Halbspänner Hermann Hanke ist ums Jahr 1624 gestorben und
vererbte den Hof seinem Sohne Hans. Der Hof, dem Pfarrhofe be-
nachbart, war beim großen Brande fast ganz vernichtet worden, und
die Pest hatte dann alles Leben auf dem Hofe dahingerafft. Das
Gerichtsprotokoll vermerkt:
"Hans Hancke und seine Frau gestorben. Halbspänner. Alles weg, Hof
liegt wüste. Etlich Korn, so zu Rinteln in Verwahrung getan, vom
Kriegsvolk weggenommen!" .
Das Register von 1647 berichtet:
"Verfallen. Brauchet der Bauerrichter."
"Helmich Bauwmeier zu Erder beziehet Hans Hancken Halbspännergut
zu Langenholzhausen." Ä |
Im Jahre 1653 wurde der Hof neu besetzt:
Dieser Helmich Bauwmeier oder Buhmeier - die Stätte existiert noch
heute in Erder - hat dem alten Hanckehofe den neuen Namen
Helmingsmeier gegeben, wenn auch durch die im Jahre 1660 erfolgte
Heirat der Tochter Trieneken des Helmich mit Tönnies Reineking aus
Kalldorf der Hofname noch an die hundert Jahre zwischen den Namen
Hanke, Hankemeier, Reineking, Helmichs, Helming und Helmingsmeier
in den Akten und Kirchenbüchern geschwankt hat. Einem Nachfahren
jenes Helmich, der den Hof um 1653 neu erbaute, Johann Adolph
Helmingsmeier (1727 - 1778), hat die "Patriotische Gesellschaft"
in Lippe, wegen seiner Verdienste um den Fortschritt der hei-
mischen Landwirtschaft einen hohen Denkstein errichtet, der noch
heute auf unserm alten Kichhofe zu sehen ist
Das Großkötterkolonat Nr. 15 Steffensmeier erscheint unter dem
Namen Engelke Steinmeier zum ersten Male im Schatzregister vom.
Jahre 1555. Um 1610 heiratete auf die Stätte Steinmeier ein Stef-
fen Hanke, welche im Salbuch von 1614 Steffen Steinmeier genannt
wird, woraus dann der Hausname Steffensmeier geworden ist. Das im
Oberdorfe gelegene Kolonat, jetzt Wasserstraße 10, wurde vom
großen Brande verschont, doch der Besitzer starb in der Pestzeit
und "hat nichts nachgelassen". Doch seine Tochter überlebte, und
1642 berichten die Akten:
"Steffen Hanken selig Tochter Alheit hat zur Ehe genommen uff ihr.
Großköttergut Henrich Boken aus Erder, welcher selbiges Gut ver-
bessert mit 160 Taler." 2
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Diese Mitgift war eine gute Grundlage für die Stätte, und im Jahre
1647 wurden dort gezählt: 2 Pferde, 3 Kühe, 2 Schweine, 15 Schafe,
2 Scheffelsaat Winterkorn, 1 Fuder Heu. Die Kontribution betrug
pro Monat 1 Taler 28 Groschen. Doch Henrich Böke war da schon
nicht mehr am Leben. Alheit hatte den Witwer und Interimswirt der
Großkötterstätte Nr. 21 geheiratet (siehe dort S. ), welcher
auch die kleine Schafherde mitgebracht hatte. Auch hier war er nur
Interimswirt, denn der erste Mann hatte einen Sohn hinterlassen,
welcher später als "Steffens Henrich" in die Dorfgeschichte ein-
ging. Im Salbuch von 1721 erscheinen seine Nachkommen als
steffensmeer. Und so heißen sie noch bis auf den heutigen Tag.
Die Großkötterstätte Nr. 16 am Habichtsberger Wege besteht nicht.
mehr. Das Kolonat war ehemals eine der vielen Hankestätten. Als
erster Besitzer läßt sich 1568 ein Henrich Hanke nachweisen. Sein
Nachfolger wird im Schatzregister von 1590 als Hans Hanke daroben
bezeichnet. Ums Jahr 1625 heiratete Arendt Bilstein aus
Tevenhausen auf die Stätte, und weil man beim Amte die vielen
Langenholzhauser Hanken nicht mehr auseinanderhalten konnte, hieß
dieses Großkötterkolonat und seine Bewohner fortan Bilstein.
Arendt Bilstein und seine Frau starben den Schwarzen Tod und "ha-
ben nichts hinterlassen". Noch 1647 war die Hofstatt "wüste und
leddig". Doch es war ein Anerbe da, welcher nach dem Kriege ver-
suchte, den Hof wieder aufzubauen und auch einen Teil der Äcker zu
bestellen. Er wirtschaftete mit seiner Schwester Anneke zusammen
auf dem Hofe, einem resoluten Mädchen, welches vor keiner Arbeit
i bange war. Im Jahre 1651 mußte Cordt Bilstein 2 Taler Strafe be-
zahlen, weil er "im Ausland", in Rinteln, Gerste verkauft hatte.
Im nächsten Jahre kam dann eine Frau wieder auf den Hof:
"Cordt Bilstein hat uff sein Großköttergut zur Ehe genommen
Barthelings Tochter Trineken (aus Kalldorf), deren Zubringen ist
0 Taler, eine Kuh und ein Bette." u Weinkauf 4 Taler
Noch 200 Jahre haben die Bilsteins den Hof in Händen gehabt. Um
1858 aber ist er in den Besitz der Familie Gröchtemeier überge-
gangen, welche vom Gröchtehofe in Neuenkamp bei Lemgo stammte. Der
Anerbe fiel im ersten Weltkriege, und seine Schwester brachte den
Hof durch Heirat zum Hofe Flörkemeier Nr. 4. Beide Hofstätten
wurden verkauft und eine neue gemeinsame Hofstatt wurde unter Nr.
16 an der Heidelbecker Straße 26 in den ‚zwanziger Jahren unsers
Jahrhunderts wieder aufgebaut.
Auch die Großkötterstätte Bücher Nr. 19 war ehemals ein Hanke-
Kolonat. Tönnies Hanke läßt sich seit 1554 als erster Besitzer der
Stätte nachweisen. Sein Sohn Nolte Hanke aber hatte auf dem be-
nachbarten Halbspännerhofe Nr. 12 einen Namensvetter, auch einen
Nolte Hanke. Um diese beiden zu unterscheiden und weil die Mit-
telkötterstätte an den Buschtriften lag, nannte man diesen Nolte
den "Nolte im Busche" oder Buschnolte. So erscheint er in den
Schatzregistern von 1590 und 1618, während er im Salbuch von 1614
seinen eigentlichen Namen Nolte Hanke führt. Sein Nachfolger Jür-
gen erlebte den großen Krieg. Der Hof brannte 1633 ab und lag noch
1647 im Brandschutt da. Wenn man bedenkt, daß am Hofe vorbei die
alte Heerstraße durchs Pferdebruch nach Rinteln führte und daß in
dem finsteren, holprigen Hohlwege mancher Troßwagen zu Bruch ge-
gangen ist, so kann man wohl ermessen, wie oft die Bewohner dieses.
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.."
Hofes belästigt, schikaniert und ausgeplündert worden sind. Noch
im Franzosenkriege des Jahes 1806 haben die Truppen Napoleons hier
schlimm geflucht und einen zerbrochenen Wagen liegen lassen. Aus
dem Jahre 1652 erfahren wir: Ze Pu .
"Jürgen Hanken, Großkötters hinterlassener Sohn Hermann hat sich
uff seine abgebrannte Stätte zur Ehe genommen Henrich Beerbauns
Tochter Trineken aus dem Amte Vlotho, und ist ihr Zubringen 70
Tlaer, 3 Kühe, 3 Molt Korn, 3 Schweine und 1 Pferd. Ist ein wüst
und verbrannt Gut ohne Haus." Weinkauf 3 Taler.
Im Jahre 1689, als ja der große Krieg längst vorbei war, aber die
Truppen der größeren deutschen Staaten unser kleines Land noch
immer rücksichtslos als freies Durchmarschgebiet betrachteten, da
klagte der Langenholzhauser Bauerrichter: .
"wie er dem Büscher im verflossenen Sommer bestellet, bei 20 Gul-
den Strafe die Hannöverschen durchs Land ziehenden Völker mit
führen zu helfen, hätte derselbe solches durchaus nicht tun wol-
len, und wie demselben jüngsthin abermalen befehligt worden, die
im Amt gelegenen Lüneburgisch-Cellischen Völker wegführen zu hel-
fen, hätte er solches abermals nicht tun wollen ... und darauf mit
den Pferden aus dem Dorf gejaget. - Büscher saget, die Reihe wäre
nicht an ihm gewesen." Strafe: 1/2 Taler. Ze
Natürlich, er wollte seine Pferde nicht als Vorspann für die
fremden und gewalttätigen Soldaten hergeben, von deren Durchzügen
er schon mehr als die anderen Bauern Plage hatte. Die vorstehenden
Eintragungen zeigen, wie aus dem Nolte Hanke ein Buschnolte und
daraus ein Büscher geworden ist. Die Familie wohnt noch heute an
der gleichen Stelle. nn
Die Großkötterstätte nr. 20, jetzt Humke, ehemals Müller Rügge,
ist bis zum Bau der herrschaftlichen Erbpachtmühle im Jahre 1568
immer mit der mittelalterlischen Langenholzhauser Bültemühle ver-
bunden gewesen. Sie lag an der Südseite der Krämerstraße
(s. Seite ). | .
Als die gräfliche Kammer mit den fremden Mühlenknechten schlechte
Erfahrungen gemacht hatte, setzte sie auch in die neue Mühle wie-
der einen Müller aus dem alten Rüggenstamm. Seit dem Jahre 1617
war Henrich Rügge der Mühlenpächter, und nach dem Tode seines
Bruders Tönnies war er auch Besitzer des Kolonats an der Krämer-
straße.
Er war ein beherzter Mann. Beim großen Brande 1633 ist die Mühle
durch ihn gerettet worden. Später aber ist es ihm schlecht ergan-
gen. Zwar hatte er 1647 1 Pferd, 3 Kühe, 3 Schweine, 8 Scheffel-.
saat Winterkorn und zahlte 2 Taler 28 Groschen Kontribution, doch
es steht auch im Verzeichnis: "Ein verdorben Müller". Und als man
ihm gar die Pacht erhöhen wollte, klagte er,
"daß er der gnädigen Herrschaft Mühlen 30 Jahr für einen Diener
ehrlich und treulich gedienet und Glück und Unglück dabei ausge-
standen, ja zu viel Malen in Leib- und Lebensgefahr gewesen und
zum Öfteren des Meinigen dabei beraubet und fast nackend und bloß
von den Kriegers daraus gejaget und zu Errettung meines Lebens
_ entrinnen müssen. Und wann ich mich der Mühlen so treulich nicht
hätte angenommen, wäre sie verschiedentlich von den Kriegers ein-
geäschert ..." |
Seine Stätte in der Krämerstraße aber war 1633 in Asche gelegt
worden. Gewiß, er hatte es wieder aufbauen können, doch der hohe
Mühlenkanon, den er jährlich entrichten mußte, zehrte allen Ver-
dienst auf. In den letzten drei jahren, so gab er an, sei er um
200 Taler zu kurz gekommen.
"Die Leute müssen wegen der großen Last: des Krieges ihr Korn ver-
kaufen. Das Wenige, was sie davon an andern Orten wiederkaufen,
lassen sie auch dort mahlen. Es ist unmöglich, daß die Mühle bei
diesen Zeiten jährlich 180 Taler abtragen kann. Von den Mahlge-
nossen liegen über 60 Feuerstätten öde und wüste. Wenn mir nichts
erlassen wird, so muß ich in meinem Alter, da ich nur bloß das
Leben davongebracht, zuletzt verlaufen!"
Wegen rückständiger Mühlenpacht hatte das Amt das Vieh seines
Hofes schon auf den Pfandestall gezogen. Zwar war ihm die Pacht
seit einigen Jahren schon von 200 auf 180 Taler jährlich gekürzt
worden, und auf seine Bitte ließ man ihm nun noch 10 Taler nach.
Doch auch das konnte ihm nicht viel nützten. Gewiß, unter den
völlig ausgematteten Langenholzhausern galt er als wohlhabender
Mann, doch mit seinem Mühlenbetrieb sah es kläglich aus. Am 13.
April 1648 schrieb er:
"Die Leute sind verlaufen. Im Dorfe Heidelbeck ist kein einzig.
_ Himten Korn verblieben. Da wohl 10 Meiers vorhanden waren, ist nun
kein einziger verblieben.”
Als er aber keine weitere Erleichterung. seiner Mühlenpacht bekam,
dankte er zu Gunsten seines Sohnes ab, lebte als Leibtzüchter
kümmerlich auf seiner Stätte und starb im Jahre 1666. In der Erb-
teilung heißt es: | |
"Der alte Müller Henrich Rügge gestorben. Die Länderei ist unter
die Leute getan und der Herrschaft nichts hinterlassen, nur ein
alt Bette und etliche hundert Taler Schulden."
Aber Stätte und Mühle blieben weiterhin in Rüggescher Hand. Noch
Henrichs Sohn, Enkel und Urenkel waren Kolonatsbesitzer und Müh-
lenpächter. Im Jahre 1729 hat dann der Müller Ludwig Humbke aus
Lauenau auf die Stätte geheiratet und auch die Mühle übernommen,
welche aber schon drei Jahre später anderweitig verpachtet wurde.
Darüber später.
Das Kolonat Nr. 20 blieb aber in Humbkeschen Besitz. Im Jahre. 1895.
hat Simon Humke die alte Stätte an der Krämerstraße verkauft und
das Kolonat am unteren Ende des Dorfes an der Landstraße nach
Rinteln (jetzt Bruchstraße 1) wieder aufgebaut. Nach dem Tode
seines Enkels im Zweiten Weltkriege fiel der Hof an dessen Schwe-
ster Annette Finke geborene Humke.
Das ehemalige Großkötterkolonat Martensmeier Nr. 21, jetzt Maria
Kleinschmidt, Bremer Str. 9, zwischen den Höfen Meier- -Böke Nr. 1
und Rüggemeier Nr. 2 gelegen, ist eine der ältesten nachweisbaren
Stätten des Dorfes. Bereits im Jahre 1507 wohnte ein Bernt Boke
dort, später Johann Boke, und in den Schatzregistern 1590 und 1618
hieß der Besitzer Marten Böke. Von diesem Marten kommt der spätere
Name Martensmeier her. Der Landwirt Simon Martensmeier war bis zu
seinem Tode vor etwa 20 Jahren der letzte Besitzer dieses Namens.
Da der Anerbe im Zweiten Weltkriege gefallen war, wurde das Kolo-
nat an die jetzige Besitzerin verkauft.
während des. Dreißigjährigen Krieges ist das Kolonat anscheinend
immer bewohnt gewesen. Marten Böke war sogar während jener
schweren Jahre zeitweilig Bauerrichter in Langenholzhausen und war.
auf Ordnung im Dorfe bedacht. Seine Tochter heiratete den Bauern-
sohn Henrich Süllwald aus Bentorf, welcher jedoch samt seiner Frau
den Schwarzen Tod erlitt. Die Erbteilung lautet: |
"Henrich Süllwaldt und seine Frau gestorben. Haben hinterlassen: 1
Pferd, 1 Kuh, 1 Rind, 1 Schwein, 2 Fuder Rauhfutter im Strohe. Der
Roggen ist durch das Schwedische Lager zunicht gemacht. Alles weg.
Unmündige Kinder. " Erbteilung: 1/2 Taler
Im Jahre 1641 tritt "Hinrich Süllwaldts Sohn Jürgen" als streit-
barer Mann im Dorfe auf. Er brach eine Wand des Pfandestalles ein
und holte sein wegen rückständiger Kontribution beschlagnahmtes
Pferd heraus. Einen dienstlichen Brief, den er nach Hohenhausen
bringen sollte, warf er dem Vogt vor die Füße.
Im Jahre 1647 waren auf der Stätte, welche in jenem Verzeichnis
unter dem Namen Henrich Böke geführt wurde, vorhanden: 2 Kühe und
2 Schweine, 4 Scheffelsaat Winterkorn und 1 Fuder Heu. Als monat-
liche Kontribution mußten 35 Groschen gezahlt werden.
In einem Verzeichnis von 1685 wurde Henrich Süllwald als Kolo-
' natsbesitzer genannt. Im Jahre 1713 mußte Johann Hermann Nagel,
genannt Martensmeier, die Stätte beweinkaufen. Das Kolonat war
1781 etwa 28 Scheffelsaat groß, im Jahre 1932 etwa 8 Hektar.
Die Geschichte der alten Mittelkötterstätte Nr. 22, bis um 1960
Landwirt Friedrich Brandt, jetzt Reuter, Hauptstraße 21, beginnt
mit dem Übergang der Wendtschen Herrschaft auf die Grafen zur
Lippe im Jahre 1563. Bereits Graf Bernhard VIII. (1536 - 1563).
setzte den Amtsvogt Johann Luhmann nach Langenholzhausen. Er er-
baute an der Straße nach Varenholz, neben dem Hofe Brandt Nr. 7
seine Hofstatt und erhielt auch die Befugnis, sich inder
Langenholzhauser Felämark freies Hudeland als Acker und Weide zu
nehmen. Darüber aber beschwerten sich die Langenholzhauser und
Stemmer als Nutznießer des großen Wald- und Hudegebietes. In einem
Schreiben an Bernhards Sohn Simon VI. vom 28. Mai 1575 beklagten
sie sich, daß
"für etzliche Jahren von Euer Gnaden Herrn Vattern unser Vogt
Johan Luhman mit einem sehr stattlichen Ort Landes aus unserer
Hude und Gemeine gnädiglich versehen und beglücket, welcher Vogt
sich mit demselben alleine nicht wollen begnügen, sondern auch
seither alle Jahr seine Grenze wider unsern Willen vermehret und.
größer gemachet, dadurch unsere Weide und Hude also verringert
wird, daß wir armen Leute schier nicht wissen, wo wir zuletzt mit
unserm Viehe hinaussollen .....
Johann Luhmann und seine Nachfolger Jürgen Luhmann (1590) und
Hermann Schalck haben den Grundbesitz der Stätte mit Länderei im
Schepdahl, auf der Isernhütten am Kirchberge und auf der |
Dirksbrüggen noch vermehrt. Der Vogt Berendt Wistinghausen erwarb
1615 mit der Kruggerechtigkeit auch die Länderei seines Vorgängers
Johann von Bexten (s. Seite f.). während des großen Krieges und
des großen Sterbens hat Wistinghausen seinen Besitz sehr zu mehren
gewußt, und er vererbte Vogtamt und Krugbesitz an seinen Sohn
Christoph, Stätte und Land aber an seinen Sohn Johann.
Das Kolonat ist 1633 abgebrannt, jedoch bald wieder aufgebaut
worden. Der gute Vieh- und Saatbestand des Bauern Johann
Wistinghausen im Jahre 1647: 3 Pferde, 3 Kühe, 4 Schweine, 8
Scheffel Saatbestand, 1 Fuder Heu - zeigt auch, daß der Besitzer
in besseren Verhältnissen lebte als seine Nachbarn. Beim Tode
seiner Frau in der Pestzeit hatte wWwistinghausen 459 Taler in 19
verschiedenen Kolonaten stehen! Fast alle Langenholzhauser Hofbe-
sitzer hatten bei ihm Anleihen gemacht, doch fast alles Geld stand
"in verdorbenen Höfen".
Im Jahre 1766 heiratete die Tochter des letzten Kolons
wistinghausen - der Hoferbe hatte in Amsterdam sein Glück gemacht
und auf den Hof verzichtet - den aus Harburg stammenden Amtschir-
urgen Lusthoff. Christine Charlotte Lusthoff geb. Wistinghausen
starb als letzte des Geschlechts am 14. November 1802. Da seine
Ehe kinderlos, vererbte der Amtschirurg sein Kolonat an Johann
Conrad Brandt aus Varenholz. Seine Nachkommen. sind noch heute im
Besitz des Hoflandes, haben aber am Fuße des Kirchberges um 1960
eine neue Hofstatt erbaut und die alte verkauft.
Die einstige Großkötterstätte Nr. 23 ist jetzt im Besitz von Frau
Alwine Brandsmeier geb. Ottemeier. Nach dem Tode ihres Bruders
Karl Ottemeier im Ersten Weltkriege war sie die Hoferbin. Ihr
verstorbener Mann, der Rendant August Brandsmeier vom Hofe Nr. 7,
hatte auf ihr Kolonat geheiratet.
Die Älteste Geschichte der Stätte ist nicht genau festzustellen.
Da jedoch das alte Hofland zumeist der Pfarre zehntpflichtig war,
hat der Hof aller Wahrscheinlichkeit nach bereits in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts bestanden. Vermutlich sind Ludeke und
Thonies Meiger zwischen 1507 und 1572 die Besitzer gewesen, 1590
wird ein Engelke Bünte genannt, 1614 und 1618 Arndt Meyer. Der
nächste Besitzer war Johann Nagel. Er kam 1637, nach der Pestzeit
auf die Stätte. Das Gogerichtsprotokoll berichtet:
"johann Nagel hat Hans Saken genannt Meyer selig Mittelköttergut
angenommen und verbessert solches mit 2 Pferden, 3 Kühen, 6
Schweinen und 100 Taler an Geld." .
Auch von seiner Heirat ist die Rede, doch war der Name der Frau
nicht lesbar. Woher dieser Johann Nagel kam und wie er in jener
schweren und armseligen Zeit solch eine gute Aussteuer auf den Hof
mitbringen konnte, läßt sich nicht ermitteln. Der etwas abgelegene
Hof kam auch gut durch den großen Krieg. Im Jahre 1647 hatte er 4
Pferde, 4 Kühe, 4 Schweine, 8 Scheffelsaat Winterkorn, 1 Fuder
Heu, und er zahlte 3 Taler 2 Groschen monatliche Kontribution,
nach Hans Heldt Nr. 8 die höchste Rate im Dorfe! Geld will zu
Geld! so hießt es schon damals. Im Jahre 1653 heiratete Johann
Nagel Gretken Heldt vom Hofe Nr. 8, welche ihm 55 Taler und "aller
Teile zwei" zubrachte. | .
Im nächsten Jahrhundert tritt neben dem Hofnamen Johann Nagel auch
' der Name Krugjohann auf. Es konnte bisher nicht festgestellt wer-
den, ob es sich hier um einen neuen Besitzer des Hofes oder um
einen Beinamen des Johann Nagel handelt. Es gab ja mehrere
Nagelsfamilien im Dorfe, und zur Unterscheidung hatte man in
solchen Fällen, wie auch bei den Hanken-Familien, Zunamen. So ist
es vermutlich auch hier gewesen. Johann Nagels Hof lag an der
alten Heerstraße durch den Bollweg. Vielleicht hat der Johann
Nagel dort an der Straße eine kleine Wirtschaft, einen Krug, ge-
halten. Auch in der Krämrestraße gab es mehrere solch kleine
wirtschaften, wo auch heimlich Schnaps gebrannt wurde. Moritz
Krugjohann hat den Hof um 1880 an den zZiegelmeister Karl Ottemeier
Nr. 58 verkauft, welcher das Kolonat wieder in die Höhe gebracht
hat.
Die ehemalige Mittelkötterstätte Nr. 24, jetzt Druckerei
Pönninghaus, Krämerstraße 1, ist seit dem Jahre 1568 nachweisbar.
Damals wohnte dort Johann Traphagen, der als freier Mann wahr-
scheinlich aus Lemgo gekommen war und hier einen kleinen Kram-,
Bier- und Schnapsladen eingerichtet hatte, welcher den Kirchgän-
gern aus Tevenhausen und Heidelbeck sehr gelegen war. Der Sohn
Arendt Traphagen führte den Handel dort, kam deswegen aber mit dem.
Krüger Hermann Schalk in einen schlimmen Konkurrenzstreit. Aus dem
Jahre. 1607 berichten die Gogerichtsakten:
"Arendt Traphagen ist von der Krügerschen mit einer Kruke auf den |
Kopf geschlagen, daß es geblutet. Der Krüger hat ihn mit dem Spieß
geschlagen und mit der Faust übern Rücken gehauen. Die Magd und
die Krügersche haben ihn Schelm und Verräter gescholten und auf
ihn eingeschlagen. Als er aus dem Hause gekommen, hat die
Krügersche den Rock aufgehoben und ihm den Hintern gewiesen."
Nun, solche Späße waren damals nicht selten, weil aber "Blutrunst"
dabei gewesen, mußte Krüger 4 Taler zahlen.
In den ersten Kriegsjahren ist die Familie Traphagen anscheinend
aus Langenholzhausen fortgezogen. Die Stätte erwarb Cord Hase, der
hier eine tüchtige Schweinemästerei betrieben hat, wie die
Schadesnrechnungen der Jahre 1623 - 1627 beweisen. So bezifferte
er seinen Schaden nach einem Einlager im November 1626 auf 50
Taler. Eineinhalb Korporalschaften Soldaten hatten bei ihm in
Quartier gelegen, welche 5 Mastschweine geschlachtet hatten, von
denen der Hauptmann selbst eins einsalzen ließ und mitgenommen
hatte. Auch Frauenröcke, Zinnwerk, Zimmergerät und Korn hatten sie
mitgenommen und viel Hausgerät zerschlagen. |
Beim großen Brande war das Haus in Flammen aufgegangen, und Cordt
Hase starb an der Pest. Doch er hinterließ außer dem üblichen
Hausgerät ein Pferd und 2 Kühe, sowie 77 Taler in anderen Kolo-
naten. "Des Hasen Wittib", die im Dorfe als Hexe verschrieen war -
wir werden noch von ihr hören - hielt ihr Hauswesen auch in dem
kläglichen Notbau gut in Ordnung. Nach einem neuer Einlager im
August 1637 gab sie ‚ihren Schaden an mit 12 Himten Roggen, 12 Ht.
Gerste, 24 Ht. Erbsen, 6 Ht. Bohnen, 6 Ht. Weizen, dazu eine Kuh,
eine Sau mit 4 Ferkeln, Kleider und Betten, Hausgerät und einem
Fuder Heu, zusammen für 8l Taler. |
Im Jahre 1654 baute der Sohn Hans Hase ein neues Haus. Darüber
berichtet das Langenholzhauser Kirchenrechnungsbuch;
"Es ist Hans Hasen erlaubet, sein neu Haus zu setzen. in die
Kirchmauren. Dafür drei Taler ..."
Das neue Haus hat über 200 Jahre, gehalten und hat manche interes-
sante Schicksale mitgemacht sowie wiederholt den Besitzer gewech-
selt. Doch darüber später.
Die ehemalige Mittelkötterstätte Nr. 25, jetzt Henrich Brink,
Hauptstraße 15, läßt sich ebenfalls von 1568 an nachweisen. Sie
war eine Hankenstätte, Ernst Hanke und nach ihm Jürgen Hanke
wohnten dort. Der Letztere wurde im großen Kriege arg heimgesucht.
Das Haus brannte 1633 ab, und das Ehepaar starb in der Pestzeit.
Das Kolonat scheint damals aber schon wieder aufgebaut zu sein,
wie auch die Nachbarhäuser, der Krug und das Kolonat Bexten Nr.
AA, denn bei der Erbteilung waren vorhanden: 2 Kühe, 2 Bette, 2
Röcke und andere Kleidung, 4 Ht.' Roggen und 75 Taler in anderen
Kolonaten. "Eine Kuh wurde verkauft, womit sie zur Erden bestat-
tet . Fr Ze |
In den späteren Kriegsjahren war die Stätte im Besitz von Berndt
Nagel, und sie ist noch lange im Besitz der Familie gewesen. Im
vorigen Jahrhundert wohnte dort die Familie Behrensmeier. Der
Maurermeister Carl Behrensmeier hat 1860 nach einer Restaurierung
der Kirche seinen Namen am Gewölbe verewigt. In der ersten Hälfte
unsers Jahrhunderts wohnte die Familie Bebermeier dort. Leider ist
vor einigen Jahren das alte Fachwerk verputzt worden, und der
geschnitzte Torbogen ist verschwunden mit dem Spruch:
WER GOTT VERTRAUT HAT WOHLGETAN IM HIMMER UND AUF ERDEN.
HANS HENRICH NAGEL. ANNA MARGRETA DIECKMANN. ANNO 1780.
Abseits vom alten Dorfkern, am Anger oder "am Plaß bei der dicken
Plaßeiche", lag das ehemalige Mittelkötterkolonat Nr. 26 Steffen
Schmett, jetzt Gasthaus Wolfgang Grewe, Haupstraße 37. Hier lag
1590 die Schmiede des Dorfes. Eine Schmiede hatte es in
Langenholzhausen allerdings bereits 1368 gegeben, wird doch damals
schon ein Schmied Ludike genannt (s. Seite ). Wo dieser aber
sein Handwerk betrieb, läßt sich nicht nachweisen. Erst im
Schatzregister von 1572 wird "des Schmedts Hus" genannt, und
vielleicht ist erst damals wieder eine Schmiede im Dorfe ent-
standen. Noch 1618 wird Steffen Schmedt als Inhaber der Stätte
genannt.
Sein Nachfolger Hans Schmidt hat hier alle Stürme des großen
Krieges durchgehalten. Geschickte Handwerker schlagen sich in
Kriegszeiten ja fast immer durch, besonders ein Schmied, der vom
Kriegvolk stets benötigt wird. Hans Schmidt hatte ein Mädchen von
Rüggen Hofe geheiratet, als der Hof ausstarb, Länderei und Haus-
gerät an sich genommen, gleichsam für den noch ausstehenden
Brautschatz seiner Frau. Als aber dann sein Schwager Berndt Rügge
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aus dem Kriege heimkehrte kam es zu argem Zwist zwischen den bei- .
den Doch da war seine Frau schon tot. Bei der Erbteilung erwies .
sich, daß Hans Schmidt 315 Taler in verdorbenen Höfen stehen hat-
te, "von denen nicht ein Taler zu bekommen!" Er hat dann ein
zweites Mal geheiratet, aber auch diese Frau starb bald, und wie-
derum waren schon 195 Taler vorhanden. so ist Hans Schmidt gut
durch den Krieg gekommen. Ze |
Die Schmiede hat dann unter seinem Sohne Heinrich noch mehrere
Jahrzehnte bestanden. Inzwischen war im Dorfe noch eine andere
Schmiede gegründet worden, und diese ist eingegangen. Das Kolonat
Nr. 26 kam in die Hand des Kaufmanns Hans Hermann Brandt, welcher
hier einen großen Flachs- und Leinenhandel betrieb. Darüber wird
noch zu berichten sein. Über dem Eingange zum alten Saal fand Dr.
August Meier- -Böke um 1930 noch die folgende Inschrift: Ä
AN GOTTES SEGEN IST ALLES GELEGEN. ANNO 1747 DEN 5. JULY HABEN
DIESES HAUS B.L. HANS HERMANN BRANDT HINRICH BRANDTS SOHN VON .
CALLDORF UND MARIA ILSABEIN NIEMANNS HERMANN NIEMANNS TOCHTER VON
DER LINDERHOFE.
Die Geschichte des alten Mittelkötterkolonats Nr. 2/1, jetzt
Schmiedemeister Linneweber, Bremer Str. 3 läßt sich bis zum Jahre
1507 zurückverfolgen. Peter Schroder hieß damals der Besitzer, und
der Name Schröder (Scroder, Scroider) ist bis ins vorige Jahrhun-
dert an der Stätte haften geblieben. Noch im Salbuche von 1830
heißt die Stätte Schröder oder Linneweber.
Der Name Schröder oder Scroder bedeutet Schneider Einen solchen
hatte das Dorf bereits im Mittelalter gehabt. Im Jahre 1368 hatte
ein Scroder Sake im Dorfe gelebt. Doch bereits während des Drei -
Bigjährigen Krieges war der Mittelkötter Hans Sandermann der In-
haber der Stätte. Er und seine Frau starben nach dem Brande des
Hauses an der Pest. Sie hatten über 100 Taler in verdorbenen Höfen
stehen, "hiervon zur Zeit nichts zu bekommen." Es waren auch noch
zwei unmündige Kinder da. "Johann Henrich Sandermann oder Hans
Schröder" wird die Stätte im Jahre 1721 genannt, 1781 "Hans
Schröder oder Sandermann", 1830 "Schröder modo (genannt) Linnewe-
ber." Ob die Schmiede hier auch unter den Sandermanns bereit stand.
oder erst unter den Linnewebers angelegt wurde, müßte noch er-
gründet werden.